DIE EU WILL FRANKREICH MIT EINEM KOSTENLOSEN SYMBOL UNTERSTÜTZEN : Umverteilung einmal anders
Als Kommissionschef Barroso am Wochenende in Frankreich zu Besuch war, wollte er zum Trost etwas mitbringen. 50 Millionen Euro für die maroden Vorstädte schienen ihm ein passendes Geschenk. Peinlich nur, dass dieses Geld den Franzosen im Rahmen der Städteförderung ohnehin zusteht. Es stammt aus dem Strukturfördertopf für die Periode 2000 bis 2006, aus dem Paris insgesamt 102 Millionen Euro erhält. Genau betrachtet verschenkt Barroso die Erlaubnis, die Summe aus Projekten in anderen Banlieues abzuziehen und in den brennenden Vorstädten einzusetzen.
Es geht eben nichts über symbolische Politik. Käme der Patenonkel zu Besuch und würde dem braven kleinen Bruder das Geldgeschenk von der letzten Stippvisite wieder wegnehmen, um es der krakeelenden Schwester in die Hand zu drücken, käme bestimmt in jeder Familie Freude auf. Vor allem das pädagogische Signal „Wer am meisten Krawall macht, kriegt am meisten Geld“ brächte die Eltern im Diskurs mit ihrem Nachwuchs in eine beneidenswerte Lage.
Doch Barroso kann das egal sein. Als Kommissionspräsident führt er keine Regierung und muss keine Strategie gegen jugendliche Straßenkämpfer entwickeln. Sein Vorgehen hat nur ein Ziel: Es soll dem beunruhigten Bürger in schwierigen Zeiten signalisieren, dass die Entscheidungsträger weder ratlos noch untätig sind. Barroso entwickelt sich zum Meister der Disziplin „symbolische Politik“. Sein Globalisierungsfonds ist das beste Beispiel dafür. Europa soll Globalisierung als Aufgabe und Herausforderung begreifen, so fordert der Kommissionspräsident. Wo das danebengeht, drückt ein Globalisierungsfonds ein paar Finanzpflästerchen auf die Kollateralschäden.
In der Kommission wusste gestern niemand, welche Projekte in welchen französischen Vorstädten gerupft werden sollen, damit das Geld an den sozialen Brennpunkten eingesetzt werden kann. Aber auf Einzelheiten kommt es hier ja auch gar nicht an. Es gehört sich einfach nicht, ein Gastgeschenk so kritisch zu begutachten. Die Geste ist es, die zählt. DANIELA WEINGÄRTNER