piwik no script img

Archiv-Artikel

DIE EU HAT RECHT: DIE DEUTSCHEN VISA-REGELUNGEN SIND O.K. Ende einer Medienaffäre

So hatte sich die CDU das nicht vorgestellt: Die EU-Kommission hat den aktuellen Visa-Erlass der Bundesregierung passieren lassen, der seit Herbst 2004 gilt. Sie mahnte nur „redaktionelle Klarstellungen“ an. Harmloser geht’s nicht. Zum Wahlkampfschlager taugt die Visa-Affäre also nicht mehr – anders als bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Aber ist sie damit zu Ende?

Das ist schwer zu prognostizieren bei einer Affäre, die eigentlich nie ein Skandal, sondern vor allem ein Medienereignis war, das rund um den Visa-Untersuchungsausschuss kreiste. Lange war sich ja selbst die Union nicht sicher, ob sie den Ausschuss überhaupt beantragen sollte. Denn zu untersuchen gab es dort kaum etwas. Die Visa-Missstände in einigen osteuropäischen Botschaften waren längst bekannt – und durch neue Erlasse bereits behoben, wie nun auch die EU-Kommission nachträglich bestätigt.

Diese Erfahrung des Anti-Klimax musste die Union schon öfter machen: Besonders peinlich war für sie der souveräne 15-Stunden-Auftritt von Bundesinnenminister Otto Schily, der Mitte Juli im „Visa-Fernsehen“ übertragen wurde, sodass die ganze Nation zusehen konnte, wie der CSU-Ausschussvorsitzende Uhl hilflos intervenierte. Die gängige Analyse stimmt schon: Uhl weiß nicht, wie man sinnvoll fragt. Bloß gab es eben auch nicht viel zu fragen.

Das dürfte sich nun selbst bei der Union herumsprechen – und diese Visa-Affäre beenden. Diese. Denn die nächste Visa-Affäre kommt bestimmt. Wo Visa erteilt werden, wird es Missbrauch geben, das lässt sich nicht verhindern. Wer jedes Schlupfloch für illegale Wanderarbeiter schließen will, der muss die Zäune so hoch ziehen, dass fast niemand mehr hindurchgelangt. Keine Sportler, Studenten, Besucher oder Wissenschaftler, die hier sehr willkommen sind.

Ein bisschen Missbrauch ist also unumgänglich. Aber so wird es nicht empfunden, handelt es sich doch um Fremde. Da gelten selbst Einzelne als Bedrohung, wenn sie illegal zuwandern. Das werden Parteien und Medien nutzen, sobald sie wieder Interesse an einer Affäre haben. ULRIKE HERRMANN