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Archiv-Artikel

DIE DREI FRAGEZEICHEN „Das ist doch pervers“

WARUM GENAU? Der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt schlägt vor, dass Bürger Flüchtlinge zu Hause aufnehmen

Von EPE

taz: Herr Patzelt, was ist die Motivation für Ihren Aufruf?

Martin Patzelt: Die Initialzündung war, dass Flüchtlinge in Duisburg jetzt sogar in Zelten untergebracht werden sollen. Ich habe mir einfach vorgestellt, wie dann in diesen Massenquartieren, unter diesen Zuständen, bei den Witterungsbedingungen vor allem auch Kinder ein oder zwei Jahre leben müssen. Das ist doch eigentlich pervers, vor allem weil es viele Bürger in Deutschland gibt, die bei sich zu Hause ein warmes Zimmer frei haben. Wenn sich nur 0,1 Prozent der Einwohner Deutschlands dazu bereit erklären würden, freiwillig natürlich, dann wäre schon 80.000 Flüchtlingen geholfen. Man könnte die Verantwortung teilen. Wir als Private gewähren die Unterkunft, und der Staat kommt weiter für den Unterhalt und die Gesundheitsversorgung auf. Zwar schafft der Staat nach Kräften annehmbare Quartiere, aber eben auch mit einer gewissen Hilflosigkeit.

Würden Sie auch selbst Flüchtlinge bei sich aufnehmen?

Wir dürfen vom Staat nicht mehr verlangen, als wir selber zu geben bereit sind. Deswegen haben wir in den vergangenen Jahren bei uns zu Hause schon öfter Studierenden oder Flüchtlingen eine Unterkunft gewährt, auch vom Berliner Oranienplatz waren zwei Frauen mit drei Kindern kurze Zeit bei uns. Das kann auch die Lebensqualität steigern. Das ist doch eine Bereicherung, in einer Fremdsprache zu kommunizieren und andere Mentalitäten um sich herum zu haben.

Auf Ihrer Facebookseite wütet der Mob. Sind Sie darüber erschrocken?

Viele scheinen meinen Vorschlag nicht richtig gelesen zu haben. Ich will nicht mehr Flüchtlinge nach Deutschland holen, sondern mich um die kümmern, die hier sind. Da werden sehr viele Klischees bedient, es kommen Wut, Angst und Empörung in einer Diktion zum Ausdruck, dass man persönlich Angst haben muss. Darüber bin ich entsetzt. Das ist hoffentlich keine Spiegelung deutscher Mentalität. EPE

■ Martin Patzelt war Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) und sitzt jetzt für die CDU im Bundestag. Zuvor arbeitete er als Sozialarbeiter