DIE DEUTSCHEN ZEITUNGSVERLEGER WERDEN GLEICH ZWEIFACH GERETTET : Unter Freunden
Der Kanzler hat die darbenden Herren der Medien erhört: Beim Abendessen im kleinen Kreis stellte Gerhard Schröder vergangene Woche einer handverlesenen Verlegerschar in Aussicht, die Pressekonzentrationskontrolle auszuhebeln. Die Gelegenheit dazu kommt im Herbst, wenn die Novellierung des Kartellrechts ansteht. Das Verlegerziel – ein Freifahrtschein für die weitere Konzentration des Zeitungsmarktes – rückt damit in greifbare Nähe. Nicht schlecht für eine Branche, die nach fetten Jahrzehnten mit zweistelligen Umsatzrenditen und üppigen Werbeerlösen jetzt durch eine selbst verschuldete Strukturkrise stolpert.
Publizistische Vielfalt wird demnächst also dadurch gesichert, dass sich die WAZ-Gruppen, Holtzbrincks und Springers dieser Republik kleinere Zeitungshäuser einverleiben? Dass glaubt nicht mal die SPD. Für sie geht es um ein möglichst gutes Verhältnis der Verlage zu ihrem Medienkanzler. Dafür wird auch in Kauf genommen, dass Schröder den eigenen Wirtschaftsminister ausmanövriert. Seit Monaten ringt Wolfgang Clement um einen Ausweg aus dem Berliner Zeitungsdilemma. Nach dem Nein von Kartellamt und Monopolkommission soll er nun per Ministererlaubnis Holtzbrinck, der in der Hauptstadt bereits den Tagesspiegel verlegt, den Kauf der Berliner Zeitung genehmigen. Kommenden Montag ist eine weitere öffentliche Anhörung in dieser Sache anberaumt, die nun vollends zur Farce geworden ist. Dem Kartellrecht und erst recht der Pressekonzentrationskontrolle, die übrigens vor gut 25 Jahren von der SPD eingeführt wurde, wird ein Bärendienst erwiesen.
Schützenhilfe für die Verleger kommt zudem von ganz anderer Seite: Ebenfalls vergangene Woche verkündete die Journalistengewerkschaft DJU, sie habe bei Bundespräsident Johannes Rau die „gezielte öffentliche Unterstützung bedrohter Presseunternehmen“ angemahnt. Wie wunderbar: Verleger, die über Jahre Gewinne aus Zeitungen herauszogen oder nach dem dem Trial-and-Error-Prinzip in gewagte Projekte versenkten, werden gleich zweifach gerettet. Mit publizistischem Wettbewerb hat das nichts zu tun. STEFFEN GRIMBERG