DIE BANK FREUT SICH : Dispositionslinie
Das war schon etwas unheimlich. Ich hatte über die hohen Dispo- und Überziehungszinsen bei Geldinstituten geschrieben, auch über die der Sparkasse, bei der ich seit dem Mauerfall ein Konto habe. Einen Tag nachdem der Artikel erschienen war, bekam ich Post von der Sparkasse.
Das Geldinstitut bot mir keine niedrigeren Zinsen an. Im Gegenteil. Die Sparkasse räumte mir einen höheren Dispositionskredit ein. Er ist fast doppelt so hoch wie bisher. Dem zweiseitigen Schreiben konnte ich die Gründe nur ansatzweise entnehmen. „Der Kreditbetrag orientiert sich an Ihrem regelmäßigen Einkommen, das Ihrem Konto gutgeschrieben wird, sowie an Ihrem Zahlungsverhalten.“ Die Sparkasse säuselte von Verheißungen wie „jederzeit“, „ohne weitere Formalitäten“, dem „persönlichen Bedarf entsprechend“.
Ich rieb mir verwundert die Augen. Bei meinem Zahlungsverhalten lag die Sparkasse richtig, pünktlich werden mehrmals im Jahr die Überziehungszinsen von meinem Konto abgebucht. Aber wie konnte das Geldinstitut von einem regelmäßigen Einkommen sprechen? Der jetzt erhöhte Kreditrahmen übersteigt meine Einnahmen um ein Vielfaches, sodass schon ein kleines Wunder geschehen müsste, um da jemals wieder rauszukommen. Aber das sieht die Sparkasse naturgemäß anders. „Damit bieten wir Ihnen die Möglichkeit, bis zur Höhe der festgelegten Dispositionslinie über das Konto auch dann zu verfügen, wenn es kein entsprechendes Guthaben aufweist.“
Säusel, säusel, natürlich verbirgt sich hinter dem neuen Kreditangebot nur eine vermeintliche Großzügigkeit. Sollte ich über den neuen Kreditrahmen hinaus mein Konto in Anspruch nehmen, las ich am Ende des maschinell erstellten Briefes ohne Unterschrift, rollt der Rubel so richtig bei der Sparkasse. Dann muss ich 17,25 Prozent Überziehungszinsen zahlen. Ohne mich.
BARBARA BOLLWAHN