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DGB-Chef verzichtet auf SPD-VorstandEinen Schritt vor, zwei zurück

DGB-Chef Michael Sommer zieht seine Zusage zurück, Mitglied des SPD-Vorstands zu werden. Die Personalie hätte ihn und die SPD gestärkt.

SPD? Nie gehört. DGB-Chef Michael Sommer. Bild: dpa

BERLIN taz | DGB-Chef Michael Sommer hat die Offerte des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ausgeschlagen, Mitglied des Parteivorstands zu werden. Am Freitagmorgen sollte und wollte Sommer den Job noch haben. Am Nachmittag dann erklärte er, "für kein Amt in der SPD" zur Verfügung zu stehen. Wie das?

Die Süddeutsche Zeitung hatte gemeldet, Michael Sommer solle ein sogenanntes kooptiertes Vorstandsmitglied werden. Die Personalie hätte beiden Seiten genützt. Einerseits wäre Sommers Position innerhalb des DGB gestärkt worden - andererseits hätte der 59-Jährige für die Aussöhnung der Arbeitnehmervertreter mit der SPD gestanden.

Im Dezember wird der SPD-Vorstand neu gewählt. Dann soll der Parteirat abgeschafft und der Parteivorstand von 45 auf 35 Mitglieder verkleinert werden. Alle DGB-Chefs waren bisher beratende Mitglieder des Parteirates; mit dem Wegfall des Gremiums wäre Sommer beratendes Mitglied des Vorstandes geworden.

Krach gab es schließlich, als Michael Sommer den SZ-Bericht bestätigen ließ und zeitgleich die Personalie aus der Parteizentrale bejaht wurde. Laut Frankfurter Rundschau hatten noch am Freitag die Vertreter mehrerer Einzelgewerkschaften gegen das Geheimverfahren und die politische Vereinnahmung rebelliert. In einer Erklärung teilte der IG-Metall-Vorstand schließlich mit, man sei "über dieses Vorhaben weder vom SPD-Vorsitzenden noch vom DGB-Vorsitzenden vorab informiert" worden.

Das Gewitter war derart heftig, dass Sommer um 16.02 Uhr seine Zusage zurückzog, "um den DGB und die Einheitsgewerkschaft nicht zu beschädigen". Er verwies auf "gezielte Indiskretionen und Falschmeldungen darüber, dass ich angeblich ein Bundestagsmandat für die SPD anstrebe". Der DGB-Chef ist seit dreißig Jahren Parteimitglied.

Parteichef Gabriel hatte angekündigt, dass auch jedeR künftige DGB-Vorsitzende in den Bundesvorstand berufen worden wäre - vorausgesetzt, er oder sie ist SPD-Mitglied. Aber das ist ja nun erst einmal vom Tisch.

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8 Kommentare

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  • M
    Matze38

    die spd wollte den sonmmer doch nur benutzen, um sich wieder ein soziales profil zu geben und sich bei arbeitnehmern einzuschleimen.

    genauso wie sie damals den konservativen gauck benutzen wollten, um die linke schlecht aussehen zu lassen.

  • K
    Kati

    Der DGB-Boss im SPD-Vorstand? Damit sich gar keine Stimme gegen die zukünftigen Maßnahmen einer neoliberalen evtl. SPD/Grünen-Regierung erhebt? Sonst noch Fragen, wieso dem DGB zu den neoliberalen Reformen von SPD und Grünen zw. 1998 und 2005 und der aktuellen Politik nichts weiter einfällt als zart "Mindestlohn", der Niedrigstlöhne zementiert, zu hauchen?

    P.S.: ist Frau Maier die weitere neue Praktikantin, die uns heute, neben Malte Kreutzfeld, die Analyseunfähigkeit aktueller taz-Autoren vorführen darf?

  • H
    Hasso

    Ich dachte mir immer, dass ein Gewerkschaftler in eine Arbeiter-Partei gehört! Nun, wenn die Arbeits- Löhne unter dem Niveau von 1980 liegen, kann man sich ja ausmalen, was so ein Gewerkschaftler für den Arbeiter wert ist. Der Wert Sommers liegt in der Zurückhaltung.

  • H
    Harald

    Der DGB ist überparteilich. Insofern hat Sommer richtig gehandelt. Außerdem stellt sich die Frage, warum die SPD nicht andere linke, arbeitnehmerfreundliche Leute integriert und sich ein weitaus ehrlicheres Profil damit gibt.

    Für Sommer wäre dieser Posten extrem problematisch geworden, weil er - obwohl SPD-Mitglied - überparteilich, eben im Sinne der Gewerkschaftsmitglieder handeln soll.

    Und die SPD ist heute nicht mehr eine reinrassige Mitglieder- und Gewerkschaftspartei, sondern durchaus eine Establishment-Gruppe mit guten Beziehungen zur Finanzindustrie.

  • H
    Harald

    Der DGB ist überparteilich. Insofern hat Sommer richtig gehandelt. Außerdem stellt sich die Frage, warum die SPD nicht andere linke, arbeitnehmerfreundliche Leute integriert und sich ein weitaus ehrlicheres Profil damit gibt.

    Für Sommer wäre dieser Posten extrem problematisch geworden, weil er - obwohl SPD-Mitglied - überparteilich, eben im Sinne der Gewerkschaftsmitglieder handeln soll.

    Und die SPD ist heute nicht mehr eine reinrassige Mitglieder- und Gewerkschaftspartei, sondern durchaus eine Establishment-Gruppe mit guten Beziehungen zur Finanzindustrie.

  • K
    Kaboom

    Vermutlich mussten die Kollegen Herrn Sommer daran erinnern, wann sich die Bedingungen für Arbeitnehmer in diesem Land am drastischsten verschlechterten: Das war zwischen 1998 und 2005, während Rot/Grün regierte.

    Es waren SPD-Leute, die mittels der Ausweitung von Leih- und Zeitarbeit sowie der befristeten Beschäftigungen sowohl für eine Aushebelung des Kündigungsschutzes, als auch die weltweit höchsten Einkommensverluste in den letzten 15 Jahren sorgten.

    Achja, nicht zu vergessen: Unter tätiger Beihilfe der Grünen. Ohne die dies nicht möglich gewesen wäre.

  • N
    Normalo

    Ein SPD-Vorstandsmitglied kann natürlich nicht ganz so ungehemmt seiner Aufgabe als Cheflobbyist der tarifgebundenen Arbeitnehmer nachkommen, sondern muss eine gewisse realpolitische Objektivität und Disziplin an den Tag legen. Beispielsweise muss es - selbst wenn nur kooptiert - auch Entscheidungen mittragen, die nicht unbedingt von seiner Klientel gewollt sind.

     

    Mit anderen Worten wäre die persönliche Hausmacht eines DGB-Chefs mit zunehmender allgemeinpolitischer Verantwortung eher gefährdet als gestärkt. Verantwortung ist überhaupt ein ganz blöder Hemmschuh für all jene, deren faktische Hauptaufgabe das Stellen von Forderungen ist.

  • C
    Celsus

    Schade eigentlich. Seit langem wäre er der erste im Vorstand gewesen, der gegen Hartz IV wäre. Allerdings hätte auch dort eine Schwalbe noch keinen Sommer gemacht.