DFB-Pokal der Frauen: Der Mauerblümchen-Clan
Erstmals könnte ein Verein den DFB-Pokal bei Frauen und Männern gewinnen. Der Erfolg der Frauen ist ein Verdienst der Familie Wörle, die im Klub auf sich selbst gestellt ist.
![](https://taz.de/picture/214010/14/diewoerles.jpg)
Elfriede Wörle weiß noch genau, wie früher ein Wochenende mit der Familie ausgesehen hat. Fußball, Fußball und noch einmal Fußball. „Mein Mann war Spielertrainer und die Familie ging mit auf den Sportplatz“, hat sie einmal verraten, was irgendwie erklärt, warum Sohn Thomas und die Töchter Tanja und Tina dieser Sportart teilweise ihr Leben verschrieben.
Zwei Zöglinge stehen nun im Mittelpunkt, wenn der FC Bayern im Frauen-Pokalfinale in Köln auf den Seriensieger 1. FFC Frankfurt (Samstag 16 Uhr/live ZDF) trifft. Trainer Thomas Wörle, 30, und die Mittelfeldspielerin Tanja Wörle, 31, gelten als jene Regenten, die ganz im Sinne von Günther Wörle im Münchner Frauenfußball die Geschicke vorgeben.
Der heute 61-Jährige hatte im Sommer 2009 wegen eines Tumors an der Niere seine Trainertätigkeit von einem Tag auf den anderen beenden müssen und passenderweise seinen Sohn in die Verantwortung gehievt, der gerade selbst die aktive Karriere als Zweitligaprofi aus gesundheitlichen Gründen beendet hatte.
Schließlich wird die Frauenfußball-Abteilung des FC Bayern seit jeher im Grunde als Familienbetrieb geführt, bei der die resolute Managerin Karin Danner eine weitere Schlüsselrolle spielt.
Salbungsvolle Worte
Erstmals in der Historie des deutschen Fußballs besteht die Möglichkeit, dass ein Verein den DFB-Pokal bei Männern und Frauen gewinnt, doch ob der ruhmreiche FC Bayern wirklich genug tut, um auch im weiblichen Segment Trophäen und Titel zu erringen, darüber lässt sich trefflich streiten.
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat auf der DFB-Internetseite salbungsvolle Worte gesprochen („Auch abseits der Lizenzspielerabteilung wird erstklassige Arbeit geleistet“), während Frankfurts Manager Siegfried Dietrich genau das Gegenteil behauptet: „Beim FC Bayern liegt im Frauenfußball noch viel brach. Die tolle unternehmerische Struktur gäbe es doch her, mehr zu investieren. Mit dem Namen FCB könnte man den Markt von hinten aufrollen.“
Die Wahrheit ist ja, dass die FCB-Damen ein Mauerblümchendasein fristen. Ihre Spielstätte liegt draußen in Aschheim, der Etat kratzt gerade an der Millionen-Grenze. Große Sprünge sind im Verein gar nicht zwingend erwünscht. Trainer Wörle sagt denn auch: „Wenn wir zehnmal gegen Frankfurt spielen, verlieren wir neunmal.“ Er leitet Fußballerinnen an, die alles daransetzen müssen, um parallel in Schule, Ausbildung oder Beruf voranzukommen. Und doch hat es der jüngste Trainer der Frauen-Bundesliga geschafft – nicht zuletzt dank der im Winter verpflichteten US-Amerikanerinnen Sarah Hagen und Niki Cross –, nach 22 Jahren wieder das Pokalfinale zu erreichen.
Bruder und Schwester
Thomas Wörle wird demnächst wohl seinen Vertrag verlängern; er hatte nach eigener Aussage durch seine Schwester schon länger „einen engen Bezug zum Frauenfußball“. Dass der Trainer-Nachfolger aus den eigenen vier Wänden kam, empfindet Tanja Wörle rückblickend als Glücksfall: „Das hat bestens geklappt.“ Melanie Behringer, vor ihrem Wechsel nach Frankfurt zwei Jahre beim FC Bayern, hat die Übergangsphase der Wörles mitgemacht; die Nationalspielerin will partout nichts Schlechtes über ihren Exverein sagen, und das liegt an der Sympathie für die fußballverrückte Familie. „Der Tom ist professionell ohne Ende und ein richtig guter Trainer, weil er unheimlich viel von den Männern reinbringt.“
Über die Sinnhaftigkeit solcher Quervergleiche können Endlosdebatten geführt werden, überliefert ist auf jeden Fall, dass sich der Mann vor knapp drei Jahren bei seinem ersten Training der Bayern-Frauen ins Abwehrzentrum stellte und seine Spielerinnen aufforderte, Flanken oder Pässe zu schlagen. Kein einziger Ball sei angekommen, berichteten Augenzeugen; der Defensivspezialist, geschätzt bei den Offenbacher Kickers und SpVgg Greuther Fürth, habe alle abgefangen.
„Am Anfang als Trainer bei den Frauen war ich vielleicht etwas überehrgeizig“, sagt er heute, „dabei legen Frauen genauso viel Ernsthaftigkeit und Professionalität an den Tag wie die Männer.“
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