DEUTSCHE BAHN: DIE GEGNER DER PRIVATISIERUNG WERDEN STÄRKER : Um Mehdorn wird es einsam
Haben die Gegner des Bahnbörsengangs doch noch eine Chance? Zu mächtig scheint der seit Jahren feststehende Beschluss, die frühere Bundesbahn zumindest zum Teil an private Investoren zu verkaufen. Seit mehr als zehn Jahren diskutiert das Parlament nur noch über die Form des Börsengangs. Die grundsätzliche Frage stellte niemand mehr – zumindest nicht öffentlich.
Doch die Stimmung hat sich geändert. Dazu beigetragen hat auch ein selbstherrlich agierender Bahnchef, der dem Parlament immer wieder demonstriert, wie unwichtig es ihm ist. Und der jede Hintertür nutzt, um den Willen der Abgeordneten auszuhebeln. So auch beim aktuellen Entwurf des Privatisierungsgesetzes, das der Bahn – ganz nach Mehdorns Willen – die Macht über das Netz gibt. Dagegen regt sich nun mehr und mehr Widerstand. Und das nicht nur in der SPD. Auch die Union würde ihr Gesicht verlieren, wenn sie diesem Gesetz zustimmen würde. Schließlich hat sie sich immer dafür eingesetzt, dass der Bund das Netz wirklich behält – nicht nur auf dem Papier.
Fällt der Gesetzentwurf in dieser Form durch, wäre wohl die Privatisierung als Ganzes gefährdet. Denn gerade auf Gleisanlagen und die darunterliegenden, teuer zu verkaufenden Grundstücke in Innenstädten haben es potenzielle Investoren abgesehen. Zumal auch außerhalb des Parlaments die Skepsis wächst. Die großen Gewerkschaften haben sich nach langen Diskussionen gegen die Privatisierung ausgesprochen. Nur eine fehlt: die Bahngewerkschaft Transnet. Ihr Chef Norbert Hansen kann gut mit Bahnchef Mehdorn und hat nichts gegen einen Börsengang. An der Basis, war dieser Weg schon immer umstritten – doch öffentliche Diskussionen fanden nicht statt. Diese werden kommen, spätestens auf dem außerordentlichen Transnet-Gewerkschaftstag am 11. Juli.
Sollte die Transnet-Basis ihrer Führung tatsächlich ein Nein zum Börsengang abringen, verlöre Mehdorn einen wichtigen Mitstreiter. Und die Privatisierungsgegner könnten wieder hoffen, dass sie ihr Ziel doch noch erreichen: Die Deutsche Bahn bliebe eine Bundesbahn. STEPHAN KOSCH