DER NEUE WELTBANK-CHEF ZOELLICK IST BUSHS KOMPROMISSKANDIDAT : Washingtons neuer Statthalter
Der US-Präsident sucht aus, der 24-köpfige Weltbankbeirat stimmt zu. Keine Frage: Das Verfahren, mit dem Robert Zoellick zum neuen Weltbank-Chef gemacht werden soll, lässt sich nicht einmal als „scheindemokratisch“ bezeichnen. Die Entwicklungsländer haben nichts zu sagen. Und die Europäer beschweren sich nicht, schließlich stellen sie ja den Chef des Internationalen Währungsfonds. So war es immer, und so soll es wieder sein.
Innerhalb des jetzigen Systems ist Zoellick wohl das Beste, was diese US-Regierung anzubieten in der Lage war. Immerhin stellt er keine Provokation dar wie sein Vorgänger, der Irakkriegsstratege Paul Wolfowitz, und keinen Affront, wie es John Bolton als UN-Botschafter war. Er ist auch keine solche Schreckensgestalt aus dunklen Iran-Contra-Zeiten wie Zoellicks Nachfolger im State Department, John Negroponte. Nur: Als Qualifikation für den entwicklungspolitisch wichtigsten Posten der Welt reicht das noch lange nicht aus.
Wer aber ist der neue Kandidat? Robert Zoellick war US-Unterhändler der deutschen Vereinigung, US-Handelsbeauftragter und zuletzt stellvertretender Außenminister und hat sich zeit seines Lebens nur für zwei Dinge interessiert: die eigene Karriere und die weltweite Durchsetzung von US-amerikanischen Wirtschaftsinteressen. Nun soll er als neuer Chef der Weltbank, wie durch ein Wunder, nur noch im Sinne der Armutsbekämpfung unterwegs sein? Zoellick hat maßgeblich jene bilateralen Freihandelsabkommen ausgehandelt, deren einseitige Bevorteilung der US-Interessen in Lateinamerika Ablehnung und Empörung hervorgerufen hat. Nun soll er plötzlich im Interesse der Entwicklungsländer für Gerechtigkeit und Ausgleich agieren? Nicht zuletzt gilt Zoellick als Busenfreund der US-Pharmaindustrie: Er hat sich stets dafür eingesetzt, dass ihre Profite vor preiswerter Generikaproduktion geschützt werden. Nun soll er, wie durch ein Wunder, mit Verve für die Rechte der armen Länder auf medizinische Versorgung kämpfen? Wer das glaubt, der hält auch Jan Ullrich für einen dopingfreien Radsportler.
Eine Institution, die eine solche Farce toleriert, gehört entweder abgeschafft. Oder endlich gründlich demokratisiert. BERND PICKERT