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Archiv-Artikel

DER GERICHTLICHE STOPP FÜR DIE HOMOEHE IN KALIFORNIEN IST SINNVOLL Politik statt Beliebigkeit

Für die einen ist die Anordnung des Obersten Gerichtshofs des US-Bundestaats Kaliforniens eine Atempause, um das für sie Schlimmste zu verhindern: die Gleichstellung homosexueller mit klassischen Ehen. Das gilt etwa für den republikanischen Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Für die anderen ist der Stopp der schwulen und lesbischen Trauungen eine Niederlage, wenn auch keine endgültige. Zu ihnen zählen der Bürgermeister von San Francisco, Gavin Newsom, und natürlich die Mitglieder der Homosexuellenbewegung.

Beide Seiten wissen, dass die alles in allem illegal erteilte Heiratserlaubnis an schwule und lesbische Paare nicht endlos aufrechterhalten werden konnte. Beide stehen für die Zweigeteiltheit der US-amerikanischen Gesellschaft – hier die Konservativen, dort die Liberalen. Beide kämpfen einen typischen Kampf um gesellschaftliche Anerkennung beziehungsweise den bewussten Verzicht auf sie. Und: Beide wissen, dass die Richter letztendlich beschlossen haben, die Frage des rechtlichen Respekts vor homosexuellen Ehen in die politische Arena zurückzuverweisen.

Verhindert werden sollte nichts weniger als juristische Beliebigkeit – und auf die legen auch die Bürgerrechtsorganisationen der Homosexuellen keinen Wert. Sie wollen ihren Anspruch auf Anerkennung ihrer Partnerschaften – und damit als im bürgerlichen Sinne respektable Personen – landesweit durchsetzen. Die Trauungen in San Francisco, ihre Metropole schlechthin, waren nur ein Anfang. So wie der Kampf der Afroamerikaner in Schulbussen begann, so geht er in Sachen Entdiskriminierung von Homosexuellen vom Standesamt aus.

Die Republikaner wissen, dass sie einen religiös inspirierten Fundamentalkampf gegen diese Ansprüche nicht gewinnen können – denn mit Hass mobilisiert man in Bürgerrechtsfragen den Mob, aber nie eine gewogene Mehrheit. Ebenso wissen ihre Kontrahenten, dass sie ihren Kampf sehr, sehr langfristig denken müssen. Der Spruch des Obersten Gerichtshof war ein kluges Stück Juristerei: Er wies beide Seiten wie auch die politischen Lager an, sich der Frage politisch zu widmen – und nicht oder zumindest nicht nur mit einstweiligen Anordnungen. JAN FEDDERSEN