DER ENTSCHEIDENDE UNTERSCHIED : Albern, aber echt
JUBEL Die deutschen Spielerinnen feierten beim Finale im Stadion die, von denen sie selbst raus- geschmissen worden waren
Mal angenommen, die DFB-Auswahl der Männer verliert bei der Heim-WM im Viertelfinale gegen Argentinien und taucht dann eine Woche später zum Finale der Argentinier gegen Italien im Stadion auf. Man stelle sich vor, Manuel Neuer bejubelt jede Torchance der „Gauchos“ frenetisch, klatscht sich mit Per Mertesacker ab, wenn Messi zu einem seiner tollen Dribblings ansetzt. Jogi Löw gerät schier aus dem Häuschen, als der Siegtreffer für Argentinien fällt. Oliver Bierhoff umarmt Hansi Flick und alle sind tierisch froh, weil es die Südamerikaner nach Elfmeterschießen geschafft haben.
Dieses Szenario ist undenkbar. Einen Teufel würde das Nationalteam tun. Man würde sich das nicht geben. Man wäre zu stolz. Beim WM-Finale 2006 war das deutsche Team natürlich nicht im Berliner Olympiastadion. Nach dem Auftritt am gleichen Tag auf der Fanmeile gingen die Spieler ihrer Wege, nur „einer oder zwei waren vielleicht im Stadion“, sagt Pressechef Harald Stenger.
Das Nationalteam der Frauen war komplett vor Ort, als Japan am Sonntag Weltmeister wurde. Sie zeigten sich als glühende Verehrerinnen des nipponschen Ballspiels. Sie waren so sehr Fan, dass man sich fragen musste: Was soll der Zinnober? Warum schwenkt Torfrau Nadine Angerer ihre Schiebermütze wild in der Luft herum, wenn Homare Sawa einnetzt? Es kann eigentlich nur eine Antwort geben: Sie wollten im Viertelfinale nicht vom Vizeweltmeister bezwungen worden sein – sondern vom Weltmeister. Sie wollten die eigene Leistung starkjubeln.
Um ehrlich zu sein, ist das etwas albern und selbstgerecht obendrein. Aber was man Bundestrainerin Silvia Neid und ihren Kickerinnen dann doch zugutehalten muss: Sie scherten sich nicht um die Außenwirkung, sie ließen ihren Emotionen freien Lauf. Mittendrin in der japanischen Fankurve dann auch noch Claudia Roth, die grüne Ranwanzerin. Warum sie einen auf Japan machte? „Genau das braucht das Land nach der Zerstörung“, ließ sie in größter politischer Korrektheit übermitteln.
Das nächste Trainingslager des DFB-Teams wird bestimmt am Fuße des Fuji aufgeschlagen. Ab sofort gibt es nur noch Sushi. Und wer vergisst, den kurzen schnellen japanischen Pass in die Spitze zu spielen, der muss zur Strafe in japanischen Holzsandalen kicken. MARKUS VÖLKER