DER AUFTRITT FISCHERS VERDECKT DIE ROT-GRÜNE SOZIALPOLITIK : Der Elefant in den Kulissen
Es ist immer schwierig, über Menschen zu schreiben, von denen man sich eigentlich wünscht, dass nicht mehr so viel über sie geschrieben wird. Das beste Beispiel für dieses logische Problem: Joschka Fischer. Der Mann ist wie ein riesiger Holzelefant in einer Theaterkulisse – die Bühnenarbeiter versuchen mühsam, das schwere Teil von der Bühne zu schieben, aber es rollt immer wieder zurück und verdeckt den Blick auf die Kulissen dahinter. So ist es jetzt mit Fischer: der Mann ist wieder ins Inland zurückgerollt und geriert sich nun mit seinen Reden über eine „Bürgerversicherung“ als gewichtiger Vertreter grüner Sozialpolitik. Die nüchterne Frage lautet: Ist das gut oder schlecht?
Die kühle Antwort ist: In der Sache ändert es nichts. Die Positionsprobleme der Grünen bei den Sozialreformen kann auch Fischer nicht lösen, schließlich ist es nicht einfach, Kürzungen bei Gesundheitsleistungen oder das Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge zu verantworten in einer Partei, die sich irgendwann mal auch den Schutz der Schwachen auf die Fahnen geschrieben hatte.
Das Entscheidende an Fischer ist aber nie seine Behandlung von Sachfragen gewesen, sondern die Konzentration medialer Energie auf seine Person. Ein witziger Rhetoriker und vergleichsweise gut aussehender Mann mit ein bisschen Radau in der Biographie – so was ist in der Showbranche üblich, in der Politik aber so selten, dass sich die Medien dankbar darauf stürzen und die vermeintlichen Wandlungen dieser Person auszuleuchten versuchen, als wäre sie Madonna.
Dazu passt, dass Fischer ein Händchen hat für Werbetexte. „Bürgerversicherung!“ Das neue Modewort klingt wie eine Mischung aus „Bürgerinitiative“ und „alles wird gut und gerecht für alle“. Genauso ist Gesundheitspolitik zwar nicht, denn sie ist kleinteilig und ein Gewurschtel vieler Interessen. Doch das ist nicht Fischers Problem. Er hat ein anderes. Dass irgendwann mal jemand im Publikum laut sagt: Jetzt schiebt den Elefanten endlich weg! Dazu aber müssten die Kulissen dahinter ein bisschen interessanter sein. Und das sind sie derzeit nicht. BARBARA DRIBBUSCH