■ DER AMERIKANISCHE KOMPONIST UND ERFINDER STARB IN NEW YORK: John Cage spielt nicht mehr
Drei Wochen vor seinem 80. Geburtstag ist John Cage einem Schlaganfall erlegen. „Damit ist eine Epoche zu Ende“, sagte der Musikschriftsteller Heinz-Klaus Metzger, als wir ihn um eine Stellungnahme baten. Niemand hat die Geschichte der Avantgarde-Musik nach dem 2.Weltkrieg tiefer beeinflußt als John Cage. Während in Europa die Nachfolger Schönbergs und Weberns noch an einer seriellen, möglichst hierarchiefreien Durchorganisierung der Musik arbeiteten, hob er die Ordnung in der Musik in einem revolutionären und doch ganz beiläufigen Akt auf. Cage war es, der dem Zufall und selbst dem Chaos in der Musik die Bahn brach — und der Stille: „4'33''“ heißt ein Stück von John Cage. Ein Pianist schreitet zum Klavier, öffnet den Deckel, schließt ihn nach Ablauf der Zeit, geht. Die Stille im Saal, die Regungen des Publikums, Applaus und Buhrufe sind die Musik. „Cage ist kein Komponist, sondern Erfinder“, hatte sein Lehrer Arnold Schönberg über ihn gesagt. Für Cage selbst gab es keine „Stille“: „Wenn ich in einen schalltoten Raum gehe, dann höre ich dennoch zwei Klänge, mein Nervensystem und meine Blutzirkulation. Insofern ist die Musik, die ich bin, ,Stille‘.“ SEITE 3
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