: DDR–Kritiker frei - Ermittelt wird weiter
■ Alle sieben Mitglieder der Initiative Frieden und Menschenrechte wieder freigelassen / „Angebot“, in den Westen auszureisen
Aus Ost–Berlin Karla Trux
Pünktlich zum Ende des Ostgipfels in Ost–Berlin wurden noch am Freitag abend die vorübergehend festgenommenen Bürgerrechtler der Initiative Frieden und Menschenrechte wieder auf freien Fuß gesetzt. Über 24 Stunden wurden sie in der Haftanstalt Rummelsburg festgehalten, nachdem sie am Donnerstag vergeblich versucht hatten, eine Menschenrechtserklärung beim offiziellen DDR– Komitee für Menschenrechte abzugeben. Bei ihrer Entlassung wurde den Betroffenen die (West)Ausreise nahegelegt. Übereinstimmend wurde ihnen erklärt, sie würden von jetzt ab von niemandem gehindert, „ihren ständigen Wohnsitz bei ihren Freunden zu nehmen“, mit denen sie gesetzwidrige Ziele verfolgten. Dieses Angebot haben die sieben Bürgerrechtler jedoch abgelehnt. „Hier habe ich meine Heimat, meine Freunde“, erklärte der wieder freigelassene Ibrahim Böhme, „man müßte mich schon raustragen“. Bei der Haftentlassung wurde den Bürgerrechtlern mitgeteilt, daß gegen sie ein sogenanntes „Anzeigenprüfungsverfahren“ eingeleitet werde und damit die Ermittlungen „wegen des begründeten Verdachts einer Straftat“ weiter gehen werden. „Damit wird unsere Ausnahmesituation verschärft“, umschrieb Wolfgang Templin die neue Vorgehensweise. Erschrecken löste bei der Initiative vor allem ein Kommentar im Zentralorgan der FDJ, der Jungen Welt, aus. Darin wird versucht, einen Zusammenhang zwischen den kürzlich verurteilten Skins, die mit Naziparolen ein Punkkonzert überfielen, und den Friedensgruppen herzustellen. Unter anderem heißt es dort, der „Feind, ... ob er nun in der Pose eines Mahnwächters stets pünktlich wie auf Bestellung der Fernsehkameras vor Kirchentore zieht, oder ob er Rowdys mit faschistischem Vokabular und Schlagwaffen ausrüstet, hat bei uns keine Chance“.
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