: DDR-Rüstungsindustrie leidet große Not
■ Ministerium für Abrüstung storniert Waffenverträge / Über 100.000 Beschäftigte betroffen
Berlin (ap) - Das Ostberliner Ministerium für Abrüstung und Verteidigung hat zum 1. August alle Verträge mit DDR -Firmen über Rüstungslieferungen storniert. Wie der Leiter des Beschaffungsamtes, Ehrenfried Ullmann, am Freitag in einem Interview der PDS-Zeitung 'Neues Deutschland‘ berichtete, betrifft diese Entscheidung insgesamt 10.000 Verträge mit 2.000 Firmen und 100.000 Beschäftigte in der „reinrassigen Rüstungsproduktion“. Hinzu komme eine lange Reihe von Zulieferern.
Der Generalleutnant erklärte zu den zu erwartenden Vertragsstrafen und anderen Folgekosten: „Die Konsequenzen hochzurechnen, dauert lange. Wir erwarten Forderungen bis Juli 1991. Das ist rechtens. Der Staat muß zahlen.“ Woher allerdings das Geld kommen solle, sei unklar: „Nicht alles muß die Armee tragen. Das ist vor allem eine Sache des Wirtschafts- und des Finanzministers“, betonte Ullmann.
Bisher sei die Möglichkeit zur Übernahme solcher Betriebe durch bundesdeutsche Rüstungskonzerne nur „angedacht“ worden. „Aber die Herren der BRD haben mir gesagt, daß die Gesamtreduzierung deutscher Streitkräfte ein Hinderungsgrund sei.“
Ullmann sprach sich entschieden dagegen aus, „Material in Länder zu exportieren, in denen kriegerische Auseinandersetzungen über Nacht aktuell werden können“. Eine Übergabe von Panzern der DDR-Armee an Polen schloß er nicht grundsätzlich aus. Es müsse aber sichergestellt sein, daß die Waffen nicht in Drittländer exportiert würden.
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