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Archiv-Artikel

DB will staatliche Hilfen, private Profite und keine Konkurrenz Freie Markwirtschaft à la Mehdorn

Bahnchef Hartmut Mehdorn benimmt sich wie ein Skatspieler mit gezinktem Blatt, der je nach Bedarf auf Grand oder Null umsortiert. Er will die freie Marktwirtschaft – aber bitte ohne Wettbewerb und mit viel Unterstützung der Staatskasse. Ausgestattet mit vorteilhaften Karten für jede Situation, hofft er seinen Traum vom raschen Börsengang endlich zu verwirklichen.

Zum einen ist Mehdorn gerade auf Einkaufstour, um einen der größten weltumspannenden Logistikkonzerne aufzubauen. Der soll Waren vor allem mit Lastern, Schiffen und Flugzeugen transportieren und ohne politische Einschränkungen viel Geld verdienen. Auch wenn noch unklar ist, woher der Deutsche-Bahn-Chef die Milliarden nehmen will, trumpft er als großer Investor auf.

Zum anderen mag Mehdorn aber auch nicht auf das Geld aus der deutschen Staatskasse verzichten. Deshalb behauptet er eisern – und gegen internationale Erfahrungen – dass Bahn und Netz untrennbar zusammengehören. So kassiert die DB nicht nur die Kosten für den Bau und Erhalt der Schienen. Bisher ist es ihr auch gelungen, fast alle Konkurrenten auszubremsen. Viele Landesregierungen unterstützen diesen Kurs, indem sie mit der DB weitgehende Monopolverträge für den Regionalverkehr schließen. Die bedankt sich mit lukrativen Jobs, etwa für die ehemaligen Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt und Bayern.

Wo sich aber wie in Hamburg und Schleswig-Holstein doch mal echter Wettbewerb regt und Konkurrenten beweisen, dass es besser und billiger als bei der DB geht, setzt Mehdorn erneut auf die Übernahme-Karte. Sollte es ihm gelingen, die Hamburger Hochbahn aufzukaufen, wäre die DB auch hier wieder fast allein auf der Strecke.

Auch wenn der DB-Chef beim angedrohten Umzug der Konzernzentrale von Berlin nach Hamburg erst einmal einen kleinen Rückzieher machen musste: Die Aussichten für den von ihm erträumten Börsengang sind gar nicht schlecht. Finanzminister Peer Steinbrück sucht dringend nach verkaufbarem Staatseigentum. Dass in der DB immer weniger Bahn steckt, spielt für die Investoren keine Rolle. Schlechte Karten haben in diesem Spiel nur die Zugreisenden. ANNETTE JENSEN