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Archiv-Artikel

DAUMENKINO Small Town Murder Songs

Eine verlorene Kleinstadt im tiefsten Ontario, Kanada, und ein Cop, der zum ersten Mal in seinem Leben einen Mordfall aufklären soll. Das Szenario von „Small Town Murder Songs“ kommt einem bekannt vor, aber diesmal spielt Peter Stormare die Hauptfigur Walter, und nicht, wie in „Fargo“ (1987), den Mörder. Nach und nach stellt sich dann doch heraus, dass Walter nicht ganz so integer ist, wie es die Aufschrift auf seinem Polizeiauto suggeriert.

Im Vordergrund steht weniger die Aufklärung des Falls als die Figur des Polizisten. Walter hat sich gerade taufen lassen, steht kurz vor der Pensionierung und ist fest entschlossen, seine Gewaltausbrüche von nun an streng zu kontrollieren. Sogar wenn er den neuen Freund seiner Exfreundin (Jill Hennessy) des Mords verdächtigt. Da sein Verdacht für die anderen Polizisten eher nach persönlichen Ressentiments als nach detektivischem Gespür aussieht, schließen sie Walter bald von den Ermittlungen aus. Der lässt sich aber nicht von seiner Mission abbringen, schließlich glaubt er Gott an seiner Seite. Außerdem treibt ihn seine neue Freundin (Martha Plimpton) mit ihrer naiven Art immer wieder vor die Tür.

Was Humor und Tempo anbelangt, lässt sich der Film zwischen den Coen-Brüdern und Aki Kaurismäki einsortieren. Landschaftsaufnahmen und Bibelzitate geben eine Struktur vor, durch den Mord wirkt die ländliche Gegend ziemlich beklemmend. Wie überzeugend der Regisseur Ed Gass-Donnelly mit dem Kameramann Brendan Steacy zusammenarbeitet, zeigt sich auch an einer statischen Einstellung, in der sich ein Transporter mit einem Fertighaus langsam auf die Kamera zubewegt. Dauer und Symmetrie dieser Einstellung vermitteln eine (ironisch gebrochene) Autorität, die sich auf das Lebensgefühl des Protagonisten übertragen lässt.

Überhaupt ist in diesem Film jedes Detail bedeutungsgeladen inszeniert, und man folgt, obwohl gar nicht viel passiert, gebannt jeder Bewegung. Vor allem denen Walters. Wie er reumütig-skeptisch den Kopf in den Nacken legt oder wie er beim spontanen Gebet einfach weiterkaut. Daneben bleiben die anderen Figuren etwas blass, trotzdem können sie sich ab und zu die Aufmerksamkeit der Zuschauer erspielen: So zum Beispiel wenn Detective Washington (Ari Cohen) ungerührt seinen Kugelschreiber in den Kaffee tunkt. Danach steckt er ihn kurz in den Mund und dann zurück in die Tasche – ein cooler Hund, eindeutig. CATARINA VON WEDEMEYER

■ „Small Town Murder Songs“. Regie: Ed Gass-Donnelly. Mit Peter Stormare, Jill Hennessy u. a. Kanada 2010, 75 Min.