DAS GROSSE KAMPFHUNDEVERORDNUNGSDURCHEINANDER: Länder an die Leine!
Hundebesitzer müssen in diesen Tagen hochflexibel sein. Vor allem, wenn sie mit Vierbeiner verreisen. Von Raststätte zu Raststätte, von Bundesland zu Bundesland betreten sie neue Rechtsräume. Dann heißt es Verordnungen interpretieren, Gerichtsurteile berücksichtigen und: Maulkorb an, ab, an, ab. Der Tierschutzbund bietet inzwischen für Urlauber Telefonseelsorge mit Rechtsberatung an, und das ist bitte schön kein Witz.
Hier darf man den Hund laufen lassen, dort sollte man ihn am besten erschießen. Wofür das eine Bundesland Bußgelder bis 100.000 Mark androht, ist im anderen legal. Die einen setzen die Grenze bei Schulterhöhe 40 Zentimeter und machen den Riesenpudel zur Kampfmaschine. Bei den anderen spielt Größe keine Rolle. Der Hund im Paragrafenchaos: Tiere, die in Berlin den Wesenstest bestehen und als Schaf amtlich zertifiziert sind, gelten in München als gefährlicher Killer. Viele Länder kennen und anerkennen keinen Wesenstest.
Warum, könnte man fragen, soll es dem Hundehalter besser gehen als dem Gelegenheitskiffer, dem in Bayern ja auch Knast, Folter und Führerscheinentzug drohen, während derselbe Joint in Kiel nur Schulterzucken provoziert. Bei den Hunden ist alles noch komplizierter. An Rhein und Ruhr sind 41 Hunderassen von der „Kampfhunde“-Verordnung erfasst – darunter auch längst ausgestorbene Rassen! –, in Hessen nur 3. Und was ist mit den Mischlingen? In Hessen hat der Verwaltungsgerichtshof am Mittwoch außerdem die Hundeverordnung in Teilen für nichtig erklärt. Die Trennung zwischen obergefährlichen echten Kampfhunden und normalgefährlichen Großhunden sei willkürlich. Gestern, einen Tag später, kam das gegenteilige Urteil aus Koblenz: Dort wurde die Gefahrenabwehrverordnung von Rheinland-Pfalz bestätigt – auch die Einordnung von drei Kampfhunderassen als besonders aggressiv. Richter und Hund: ein bisschen dafür, ein bisschen dagegen.
Nach dem toten Schulkind in Hamburg sind die Hundeverordnungen mit heißer Nadel gestrickt worden. Es ist höchste Zeit, dass die Innenminister das Chaos beenden und sich auf eine bundeseinheitliche Regelung, auf gemeinsame Wesenstests und Hundeführerscheine einigen. Damit fünf Millionen Halter ihre Freunde wieder mit ruhiger Hand ausführen können. MANFRED KRIENER
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