DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Unterwerft euch!
MITSCHREIBEN Wenn Islam Karimow, Chef der Usbeken, redet, haben die Minister schön demütig auf ihren Block zu gucken
Auf den ersten Blick ein Treffen zweier mächtiger Männer. Der usbekische Präsident Islam Karimow plaudert bei seinem Moskauer Besuch in einem prächtigen goldblau schimmernden Empfangszimmer des Kremls mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin, zur Linken und zur Rechten sitzen die jeweiligen Minister.
Doch ein Detail ist augenfällig: Während die russischen Minister breitbeinig dem Gespräch der zwei Staatenlenker lauschen, sind deren usbekische Kollegen sichtlich beschäftigt, und zwar mit Mitschreiben in höchst unbequemer Pose, denn die Usbeken sitzen zwar auf goldenen Stühlen, haben aber keinen Tisch zur Hand.
Der usbekische Vizepremier Rustam Asimow nutzt das Knie als Unterlage, der Außenminister Abdulasis Kamilow hat den Block auf dem Schoß platziert, und der schwergewichtige Minister für Außenwirtschaft Eljör Ganijew veranstaltet regelrechte Körperverdrehungen, um Stift und Papier zwischen den gewaltigen Fingern zu balancieren.
Alle drei Minister sind langjährige Getreue des seit 1989 regierenden, nunmehr 75 Jahre alten Präsidenten und doch benehmen sie sich wie ungelenke Pennäler, zumal deren konzertierte Schreibaktion sinnlos ist, denn beide Präsidenten tauschen beim öffentlichen Teil des Treffen wie international üblich nur ein paar Floskeln aus. Aber darum geht es nicht.
Was die Minister in dem Kremlzimmer vorführen, ist die in Usbekistan übliche DEMUTSGESTE. Wenn Karimow in seinem zentralasiatischen Reich mit einem Minister, Gouverneur oder Bauern abgebildet wird, dann sieht man den Staatschef dozieren und die anderen mitschreiben. Nicht mal Minister sind selbständig handelnde Wesen, die womöglich ein Gespräch auf Augenhöhe führen, sondern Diener ihres Herrn, die jedes seiner Worte – und seien sie noch so nebensächlich – aufsaugen.
Im Usbekistan mögen solche Schreibübungen zum Arrangement der Macht gehören, aber auf internationalem Parkett werden dadurch Staatsbeamte auf lächerliche Weise zu devoten Hofschranzen, vor deren Beisein sogar der ebenfalls im autoritären Regieren nicht ungeübte Putin wie ein moderner Staatschef wirkt. MARCUS BENSMANN, BISCHKEK