DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Denken in Grenzen
GAUCK Antikapitalistischen Protest findet er albern. Und so was hätte einmal fast die BRD regiert – uff! Beziehungsweise: Wulff!
Er sei ein „leidenschaftlicher Anti-Kommunist“, weiß die Süddeutsche Zeitung von Joachim Gauck – und bringt damit das Elend schon auf den Punkt. Deutlich umständlicher hingegen die Rheinische Post: „Am Rande der Hamburger Kammerspiele“ habe Gauck gesagt, er halte die gegenwärtige Antikapitalismusdebatte für „unsäglich albern“. „Das wird schnell verebben“, und: „Ich habe in einem Land gelebt, in dem die Banken besetzt waren.“ Angesichts globaler Proteste scheute er sich auch nicht, die „deutsche“ Neigung zu Hysterie und Angst „abscheulich“ zu nennen. Lutherisch-polternd schafft es Joachim Gauck, gleichzeitig als Altvati, Antideutscher und Totalitarismusmahner aufzutreten. Setzt er damit einen Trend? Hat er die Linkswende der dandyistischen FAZ-Fraktion nicht mitbekommen? Ist er gekauft? Oder verharrt sein Denken schlicht in den Grenzen von 1961 bis 1989?
Vermuten wir Letzteres – damit ist Gauck am besten bedient. Der einstige „Bundespräsident der Herzen“ (Generalanzeiger Rauderfehn) zeigt sich unfähig, ein Phänomen wie „Occupy Wall Street“ unideologisch zu betrachten. Intellektuelle Neugier und Demut, analytisches Besteck – da ist nichts, nur höh-höh-höhnisches Bramarbasieren.Wer immer den Staatskommunismus für gar nicht so schlimm hielt, ist widerlegt.
Doch der aus der Zeit gefallene Anti-Kommunist – er muss uns nicht über Gebühr beschäftigen. Demokratie sei Dank haben wir einen Bundespräsidenten (von seiner Gattin ganz zu schweigen), der und die bei allem politischen Dissens eines für sich haben: Sie sind in der Bundesrepublik Deutschland angekommen.
AMBROS WAIBEL