DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL ZUM THRONWECHSEL : Insch’allah
■ Das Freitagsgebet in zahlreichen niederländischen Moscheen gilt dem neuen König
Das nennt man wohl integratives Potenzial: Nachdem christliche und jüdische Gemeinden in den Niederlanden bereits Gottesdienste zu Ehren des neuen Königs abhielten, wurde am Freitag auch in zahlreichen Moscheen für Willem Alexander gebetet. Aufgerufen hatte dazu das Contactorgaan Moslims en Overheid (CMO), der Dachverband islamischer Organisationen. Eine besondere Geste, so das CMO, denn normalerweise bitten Muslime nur um Sicherheit und Frieden für das Land, in dem sie leben.
Ganz so außergewöhnlich ist die Verbindung zwischen Religion und Royals aber doch nicht: Das niederländische Staatsoberhaupt amtiert formell „durch die Gnade Gottes“ und signiert neue Gesetze in voller Ernsthaftigkeit mit jener theokratisch anmutenden Formel.
Und überhaupt: Wieso sollten ausgerechnet die Religionsgemeinschaften außen vor stehen, wenn selbst seriöse Leitmedien dieser Tage im Oranjetaumel verweilen?
Der Dachverband richtete zuletzt auch einen „Zukunftstraum“ an den neuen Monarchen: Das Komitee zur Feier des Thronwechsels hatte die Bevölkerung aufgerufen, ihre Wünsche für die Entwicklung des Landes einzusenden. Der des CMO: „Mehr Bescheidenheit, Geduld, Wertschätzung, Verständnis und Toleranz im Umgang mit kultureller und religiöser Diversität.“
Überraschend ist dieser Wunsch kaum, war das Thema doch in den Niederlanden jahrelang ein Pulverfass mit besonders kurzer Lunte. In einem explosiven Diskurs standen sich romantische Multikulturalisten und xenophobe Eiferer gegenüber und ließen wenig Raum für progressive Stimmen.
Politisch scheint diese Starre bislang kaum zu überwinden. Liegt es da nicht auf der Hand, sich an die nächsthöhere Instanz zu wenden? Ob Willem oder Allah, das ist eigentlich nicht so wichtig. Was zählt, ist ein bisschen Transzendenz, um die politische Bankrotterklärung zu überwinden – selbst wenn sie orange ist. TOBIAS MÜLLER