DANIEL BAX ÜBER DAS GEPLANTE GESETZ GEGEN ZWANGSVERHEIRATUNGEN : Wege aus der Ehehölle
Bis heute gibt es keine genauen Zahlen darüber, wie viele Menschen hierzulande zum Opfer von Zwangsverheiratungen werden. Gemessen daran, wie viel Frauen sich jedes Jahr bei den einschlägigen Beratungsstellen melden oder Schutz in Frauenhäusern suchen, geht die Zahl aber in die Hunderte.
Deshalb ist es gut, dass Zwangsverheiratung jetzt ein eigener Straftatbestand wird. Zwar macht sich heute schon der Nötigung strafbar, wer seine Tochter oder seinen Sohn in eine Ehe zwingt. Das neue Gesetz aber hat den Vorteil, dass es diese besondere Form der Nötigung nun hervorhebt.
Überfällig ist es auch, jungen Frauen, die keinen deutschen Pass, sondern nur eine Aufenthaltsgenehmigung besitzen, ein großzügiges Recht auf Rückkehr einzuräumen. Schließlich kommt es immer wieder vor, dass türkischstämmige Mädchen in den Sommerferien von ihren Eltern gegen ihren Willen in der Türkei verheiratet werden. Wenn ihnen nicht innerhalb von sechs Monaten die Flucht aus dieser Verbindung gelang, blieb ihnen bisher die Tür zur Rückkehr verschlossen. Absurd ist es aber, dass Frauen, die aufgrund einer Ehe aus Russland, Thailand oder der Türkei nach Deutschland kommen, künftig erst nach drei statt zwei Jahren ein eigenes Aufenthaltsrecht bekommen sollen. Entpuppt sich ihr Ehemann als ein Monster, müssen sie nun ein Jahr länger in der Ehehölle schmoren, bevor sie sich scheiden lassen und zugleich im Lande bleiben können. Dieser Teil der Reform spricht der Absicht, Frauen besser schützen zu wollen, Hohn.
Wichtiger als das neue Gesetz ist ohnehin ein Bewusstseinswandel, der Zwangsverheiratungen in jenen Einwanderermilieus, in denen sie noch vorkommen, entgegenwirkt. Dazu braucht es Aufklärungskampagnen sowie Angebote zur Beratung und Hilfe für betroffene Frauen. Daran, ob sie solche Projekte unterstützt, muss sich die Politik messen lassen.
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