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Cuban JazzMit 90 noch auf Erfolgstour

Bebo Valdés, einer der Väter des Cuban Jazz, wird Donnerstag 90 Jahre alt. Lange war der Altmeister verschollen, doch seit Mitte der 90er-Jahre hält er die Jazzwelt wieder in Atem.

Bebo Valdés vor der Brooklyn Bridge in New York. Bild: ap

Verschmitzt schaut Bebo Valdés auf den Flügel. Die Augen strahlen, ein Lächeln spielt um die Lippen, während er seine langen, leicht arthritischen Finger über die Tastatur huschen lässt. Bebo ist in seinem Element, und man kann förmlich sehen wie die leicht gebeugte, hagere Figur sich strafft, wie mit jedem Griff in die Tasten Energie und Spielfreude in den schlaksigen Körper des alten Mannes fährt. Der wartet mit breitem erwartungsvollem Grinsen auf den Einsatz des Mannes, der ihm gegenüber am Klavier sitzt und im Rhythmus der Klavierklänge mitschwingt. Dann greift Chucho Valdés langsam in die Tasten und liefert dem Vater die perlenden Improvisationen, die den kubanischen Evergreen "La Comparsa" zur Delikatesse machen.

Eine Szene, die sich am Donnerstag wiederholen könnte. Dann sitzen Chucho und Bebo Valdés sich wieder am Flügel gegenüber, um den Geburtstag des Älteren in Madrid in der Casa de Americas zu feiern. Der Auftritt von Vater und Sohn ist der Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 90. Geburtstag des Mannes, der in den 40er- und 50er-Jahren einer der Geburtshelfer des Cuban Jazz war. Da stand Bebo Valdés am Regiepult im Tropicana und sorgte für den weltweit berühmten Sound des noblen Nachtclubs. Mit Sarah Vaughn und Nat "King" Cole stand der Musiker aus Quivican, einem Provinzdorf in der Nähe Havannas, auf der Bühne und seine Arrangements sind auf so mancher Aufnahme der damaligen Zeit zu hören. Der eigene Musikverlag und seine Einfallsreichtum beim Komponieren und Arrangieren waren dafür genauso verantwortlich wie sein virtuoses Spiel. Dessen Grundlagen entwickelten sich am eigenen Klavier, das die Eltern damals für ihren begabten Sprössling kauften. Für kubanische Verhältnisse genauso ungewöhnlich war dann seine Ausbildung am Konservatorium, das schwarze Musikerkollegen wie Ibrahím Ferrer noch nicht mal von Weitem sahen.

Ende der 50er-Jahre war Bebo Valdé mit vierzig Jahren auf dem Höhepunkt seiner musikalischen Kariere. In Kuba ging es nach der Revolution von 1959 für ihn jedoch nicht weiter. Erst verließ er das Tropicana, dann mit der eigenen Band das Land und die Familie in Richtung Mexiko. Bei Mario Bauza und Ernesto Lecuona griff der Familienvater bis 1963 in die Tasten, dann verliebte er sich bei einem Konzert in Stockholm in eine rothaarige Schwedin. Fortan spielte der großgewachsene Schlacks mit den goldenen Händen nur noch in den Lobbys von vornehmen Hotels und eleganten Bars in Stockholm.

Dreißig Jahre später holte ihn der kubanische Saxofonist Paquito DRivero aus der Versenkung. Er bat den damals 76-Jährigen um Kompositionen aus seinem Fundus. Das war seine musikalische Wiedergeburt. Denn sein Material war so gut, dass DRivera den alten Mann zu Sessions ins Studio lotste und "Bebo rides again" einspielte. Seitdem feiert Bebo Erfolg auf Erfolg und konnte sich auf seine alten Tage noch über einen Grammy für "Lágrimas Negras" freuen.

Das Album, 2002 eingespielt mit dem spanischen Flamenco-Sänger Diego El Cigala, war ein Megaerfolg und hat die Nachfrage nach dem Altmeister explodieren lassen. Der lebt ohnehin in Symbiose mit dem Klavier, denn so erklärte es einst seine Tochter Mayra mit einem verschmitzten Lächeln: "Er atmet durch seine Hände." Sie wird genauso wie Chucho zugegen sein, wenn zum 90. Geburtstag nicht nur der Dokumentarfilm "Bebo und seine Welt", sondern auch noch die erste gemeinsame Platte von Bebo und Chucho Valdés präsentiert wird. Feliz compleaños.

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