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Computer verstauben, Meister gehen

■ Fachtagung zur Berufschulausbildung kritisiert Bildungssenator

“Wie sitzen seit drei Jahren in einem Zug, in dem der Senat als Bremser mitfährt“, faßt ein Berufsschullehrer die bisherigen Erfahrungen mit der Neuordnung der beruflichen Bildung zusammen. Der „Maschinenschlosser“ wurde zum „Industriemechaniker“, der „Schiffbauer“ zum „Konstruktionsmechaniker“ — auf dem Papier. Denn da blieb die „Neuordnung“ nach Meinung der in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) organisierten BerufsschullehrerInnen weitgehend stecken.

Vereinbart wurde die „Neuordnung“ zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, um die veralteten Berufsbilder an die technischen Neuerungen in der Praxis anzupassen. Seit 1987 wird an Bremer Berufsschulen neugeordnet. „Über die Notwendigkeit sind sich alle einig. Uneinigkeit besteht über die konkrete Ausführung“ kritisierte die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Helene Peniuk gestern auf einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem WIS (Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis) zum Thema: „Berufsschule: Museum oder Werkstatt-Labor der Zukunft“. Kritikpunkt ist nicht in erster Linie die Ausstattung der Schulen. Vor allem im Hightech- Bereich wurde, auch durch Modellversuche und Drittmittel von der Industrie, kräftig investiert. Die Geräte können jedoch nicht oder nicht fachgerecht genutzt werden, da immer mehr Meisterstunden von den Schulen abgezogen werden. Eigene SchülerInnenversuche im Labor bilden aber das Kernstück der Bremer Neuordnung, die „ganzheitlich“ und „handlungsorientiert“ auf den Beruf vorbereiten soll. Theorie und Praxis klaffen nach den Berichten aus Bremer Berufsschulen jedoch weit auseinander: In den durch Einstellungsstop überalterten Kollegien fühlen sich viele den neuen Anforderungen nicht gewachsen. Fortbidungen bereiten nur unzureichend auf die neuen Lehrinhalte vor.

Vor allem der Umgang mit der neuen Technik bereitet Probleme, da Fachpersonal für Aufbau und Wartung fehlt. Sogar bei „kostenneutralen“ Maßnahmen wie der Zeugnisformulare fühlen die LehrerInnen sich vom Senat blockiert. So soll zwar „lerngebietsorientiert“ zum Beispiel über Trennverfahren wie Schweißen unterrichtet werden, in den Zeugnisformularen wird aber nach wie vor die Benotung von Fachrechnen oder Fachpraxis gefordert.

Offizielle Gespräche mit dem Senat über die geforderten Veränderungen hat es bislang nicht gegeben. „Der Senator ist nicht bereit mit uns zu reden“, so GEW- Vertreter Manfred Wulf. asp

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