piwik no script img

CoffeeshopGenug gechillt

Die Bemühungen für eine legale Haschisch-Verkaufsstelle in Kreuzberg stehen still. Bald soll es mit mehr Dampf weitergehen.

Prima Arbeitsplatz: Coffeeshop in Maastricht Bild: Reuters

Eigentlich wollte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg längst weiter sein. Doch der Antrag, mit dem er beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Genehmigung eines Coffeeshops erwirken will, liegt auf Eis. „Nach der Sommerpause gehen wir das Projekt mit neuem Schwung an“, verspricht nun Horst-Dietrich Elvers, Suchthilfekoordinator von Friedrichshain-Kreuzberg. Der Antrag werde erst Ende des Jahres so weit sein, dass er abgeschickt werden könne. Ursprünglich sollte er bereits eingereicht worden sein.

Der Begriff Coffeeshop kommt aus Holland. In solchen Läden kann man legal Gras und Haschisch kaufen und auch gleich rauchen. In Deutschland gibt es bislang nichts Vergleichbares. Dass Cannabis offiziell verboten ist, hindert Millionen Menschen aber nicht am Konsum. Mit einem neuen Ansatz in der Drogenpolitik wollen die Bezirkspolitiker die negativen Auswirkungen des Konsums nun mindern – gerade auch rund um den Görlitzer Park in Kreuzberg. Die Grünanlage hat sich zu einem weit über Berlin hinaus bekannten Handels- und Konsumschwerpunkt für Cannabis entwickelt, zum Leidwesen vieler Anwohner.

Eines dürfte klar sein: Ein Coffeeshop in Kreuzberg wäre ein Schritt in Richtung Legalisierung. Ohne grünes Licht von der Politik würde das zuständige Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte dem Antrag des Bezirksamts auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht stattgeben. „Umso wichtiger ist es, den Antrag schlüssig und stichhaltig zu formulieren, damit er nicht im Vorfeld wegen Formfehlern abgelehnt werden kann“, sagt Suchthilfekoordinator Elvers. Die geballte Sachkunde wolle man zusammentragen, bevor der Antrag bei der Bundesbehörde eingereicht werde. Dazu brauche man Zeit.

Drei Veranstaltungen sind Elvers zufolge in den nächsten Monaten geplant: eine öffentliche Anhörung von Juristen und Rechtswissenschaftlern, eine Zukunftswerkstatt, in der Ideen und Bedenken einer interessierten Öffentlichkeit und Verbandsvertretern wie dem Deutschen Hanfverband gebündelt werden sollen; und eine Fachtagung mit Sachverständigen für Jugend- und Verbraucherschutz. Auf den Foren soll auch diskutiert werden, ob der Modellversuch mit einem öffentlichen oder einem wissenschaftlichen Interesse begründet werden sollte.

Bereits im vergangenen Mai hatte das Bezirksamt eine Anhörung zu dem Thema veranstaltet:. „Helfen Coffeeshops bei der Lösung der Konflikte um den Görlitzer Park?“ Greifbare Ergebnisse wurden nicht erzielt. Unter anderem hatten zwei Experten aus Holland und den USA über die Erfahrungen mit der Freigabe von Cannabis in ihren Ländern berichtet. „Coffeeshops ziehen Touristen an“, hatte Dirk Korf, Professor an der juristischen Fakultät der Universität Amsterdam, gewarnt. Darauf müsse man sich einstellen. „Das schafft zusätzliche Probleme.“

Bei den nun geplanten Fachtagungen werde man eher auf Experten aus der Region zurückgreifen, kündigt Elvers an. Für Reise- und Übernachtungskosten habe der Bezirk nämlich keinen Etat. Ende des Jahres, so seine Einschätzung, sei der Antrag dann voraussichtlich ausgereift genug, um ihn bei der Bundesbehörde einreichen zu können. Bei der Fachtagung im Mai vermutete Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne), dass der Antrag „wahrscheinlich abgelehnt“ werde. Anders als Schleswig-Holstein, das vor vielen Jahren mal mit einem ähnlichen Antrag auf Einrichtung eines Coffeeshops bei der Bundesbehörde gescheitert war, würde Friedrichshain-Kreuzberg aber laut Herrmann im Falle eine Ablehnung klagen.

„Es wäre ein Fehler, die Diskussion nur auf Cannabis zu beschränken“, sagt Suchthilfekoordinator Elvers. Auch bei Alkohol und Tabak müsse man über eine kontrollierte Abgabe nachdenken. „Denn das sind die Rauschmittel mit definitiv tödlichem Ausgang“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Eine Freigabe des Cannabis-Konsums darf m.E. nur erfolgen, wenn gleichzeitig Rauchen in der Öffentlichkeit verboten wird (und auch auf Wohnungsbalkonen und -Terassen). Schon heute sind die Tabak-Rauchschwaden, die einem an Bushaltestellen und Eingangsbereichen entgegenschlagen eine Zumutung; wenn jetzt noch Marihuana hineingemischt werden darf, dann wird es unerträglich.

    • @wiehra:

      Ein nachvollziehbarer Gedanke. Aber so wie heute schon in der Öffentlichkeit gekifft wird, wird sich durch die Freigabe nicht viel ändern.

      Weiß doch jeder, dass er überall kiffen kann. Wenn die Bullen kommen und Anzeige gestellt wird, wird das Verfahren eingestellt. Das verursacht nur Kosten.