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Christoph Raffelt MundwerkAuch im Weingibt’s Berberitze

Foto: Cordula Kropke

Wenn man damit beginnt, beim Wein über Aromen zu sprechen, bilden sich schnell zwei Lager. Die einen schrecken zurück und halten das Gerede um die Komplexität von Weinen für Snobismus und die Eitelkeit desjenigen, der sich über den Wein auslässt – ein Verdacht, der sich im Einzelfall durchaus bestätigen lässt –, während andere sich darauf einlassen. So erging es mir auch. Ich habe mich in eine Duftwelt begeben, die ich vorher nicht kannte.

Als ich anfing, die Nase ins Weinglas zu stecken, wurde das zu einer gewissen Manie. Plötzlich nahm ich auch andere Gerüche intensiver wahr. So ist im Laufe von Jahren in meinem Kopf eine Art Aromabibliothek entstanden, auf die ich zurückgreife, wenn es darum geht, einen Wein zu beschreiben.

Unabhängig davon befinden sich in einem Wein nachweisbar Aromen. Wein, das weiß man heute, umfasst mindestens 800 verschiedene Molekülarten, von denen wir erst wenige kennen und benannt haben. Rund 400 dieser Moleküle entstehen schon bei der Reifung der Trauben im Weinberg, etwa 400 weitere kommen bei der Gärung im Keller hinzu. Denn wenn die Hefen damit beginnen, Zucker in Alkohol umzuwandeln, entstehen parallel dazu noch weitere Umwandlungsprozesse.

Die Aromen, die sich im Weinberg bilden, sind die Primär-, bei der Gärung entstehen Sekundäraromen. Schließlich gibt es noch Tertiäraromen, die während die Reifung gebildet werden; denn Wein ist ja ein lebendiges Produkt, das sich im Laufe der Zeit verändert.

Die tertiären Aromen umfassen Noten wie Dörrobst, Rosinen, Nelken, Kakao, Schokolade oder Süßholz, Lederpolitur oder Champignons, Moos oder Tabak. Die Primär­aromen, die schon im Weinberg entstehen, haben viel mit dem individuellen Charakter der einzelnen Rebsorte zu tun. Beispielsweise duften Sorten wie Grüner Veltliner, Syrah oder Pineau d’Aunis oft stark nach Pfeffer. Sauvignon blanc oder unreifer Cabernet Sauvignon werden gern mit grünem Paprika in Verbindung gebracht, Bordeaux-Weine weisen oft minzige Aromen auf und reife Champagner erinnern an Brioche oder gerösteten Tabak.

Aroma ist keine Einbildung

Dass das keine Einbildung ist, bestätigen Aromaforscher: Tatsächlich findet sich etwa in Syrah das Molekül Rotundon, das stark konzentriert auch in weißem Pfeffer vorliegt. Grün riechender Sauvignon weist genauso wie grüne Paprika sehr viel Methoxypyrazin auf. Minzige Aromen stammen von Piperiton. Wein verliert nun schnell seine Aura, wenn man ihn auf eine Mischung von Aromamolekülen reduziert. Das geschieht, wenn Start-ups berühmte Weine im Labor nachzubauen versuchen. Doch vor allem die Komplexität ist so kaum erreichbar. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, dass ein Wein etwas Besonderes ist, beispielsweise etwas so Einzigartiges wie die Weine von Elisabetta Foradori und ihrem Sohn Emilio.

Die Foradori haben die Trentiner Sorte Teroldego im Alleingang berühmt gemacht. Sie schafften es, die Kraft und Tiefe ihrer Weine mit großem Trinkfluss zu verbinden. Das lag in erster Linie daran, dass sie ihnen eine Frische brachten, wie sie sich etwa in roten säuerlichen Früchten findet. Die Rotweine der Foradori erinnern in hohem Maße an Berberitzen und Granatapfelsaft, an rote Johannisbeeren und oft auch an Schlehen, an kühlen Stein und Unterholz. Das verbinden sie mit seidigen Gerbstoffen, was zu einem entsprechend runden Mundgefühl führt. Die Weine der Azienda Agricola Foradori im Trentino und des Schwesterweinguts Ampeleia in der Toskana gibt es beispielsweise bei Pinard-de-Picard.de

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