Chinesische Sportlerinnen auffallend jung: Die Milchzahn-Turnerinnen
Im Einzel-Mehrkampf gewinnt die US-Turnerin Nastia Liukin die Goldmedaille. Eine Genugtuung für die Amerikaner. Sie sind überzeugt, dass die Chinesinnen durch falsche Altersangaben betrügen.
BERLIN taz/dpa Nastia Liukin hat bei den Olympischen Spielen in Peking die Siegesserie der chinesischen Kunstturner durchbrochen. Die Schwebebalken-Weltmeisterin aus den USA gewann vor 18.000 Zuschauern im ausverkauften National Indoor Stadium den Einzel-Mehrkampf mit 63,352 Punkten vor ihrer Teamkollegin Shawn Johnson (62,725) und Mannschafts-Olympiasiegerin Yilin Yang aus China (62,650).
Bei den Amerikanern dürfte die Goldmedaille von Liukin für eine gewisse Genugtuung gesorgt haben. Sie fühlten sich nämlich nach dem Mannschafts-Wettbewerb, bei dem die Chinesinnen Gold vor den USA gewannen, betrogen. Die amerikanische Team-Chefin Martha Karolyi stichelte danach: "Eine Chinesin hatte ja noch eine Zahnlücke, wo gerade ein Milchzahn herausgefallen ist. Ich bin überzeugt, dass zumindest drei Turnerinnen das Mindestalter noch nicht erreicht haben."
Die von vielen geteilten Zweifel werden auch durch einen Bericht der chinesischen staatlichen Nachrichtenagentur genährt, der vor neun Monaten erschien. Darin wird die Turnerin He Kexin, die im Gold-Team stand, mit einem Alter von 13 Jahren angegeben. Laut Pass aber ist sie 16 Jahre alt und erfüllt damit das Mindestalter für den Olympischen Wettbewerb. He gilt im Stufenbarren-Finale am Montag als Favoritin.
Schon im Vorfeld der Spiele waren die spindeldürren Mädchen He Kexin, Yang Yilin und Jiang Yuyuan in die Schlagzeilen geraten, weil selbst ältere chinesische Aufzeichnungen und Meldelisten sie mit anderen Altersangaben führten, als nun plötzlich ihre Pässe ausweisen.
Die deutsche Cheftrainerin Ulla Koch stellte sich am Mittwoch nach dem Triumph der Chinesinnen auf die Seiten der Amerikanerinnen: "Es darf doch nicht sein, dass solche Kinder sich hier durchsetzen." Die 33 Kilo schwere He Kexin zeigt sich von der Diskussion völlig unbeeindruckt. Als sie von US-Journalisten nach dem Gewinn der Team-Goldmedaille in die Mangel genommen wurde, sagte sie: "Ich bin 16. Und was andere sagen, interessiert mich nicht."
Im Einzel-Mehrkampf am Freitag belegte die deutsche Sprung-Europameisterin Oksana Chusovitina mit 60,125 Zählern unter 24 Finalistinnen den neunten Platz. Sie absolvierte alle vier Geräte ohne größere Patzer. Die 33-Jährige bestreitet in der chinesischen Hauptstadt bereits ihre fünften Olympischen Spiele, Weltrekord für eine Kunstturnerin.
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