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■ China und Vietnam haben sich wieder versöhntDie Kommunisten rücken zusammen

Ausschließlich mit friedlichen Mitteln wollten beide Staaten künftig ihre Konflikte lösen, erklärte in Hanoi ein Sprecher des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng, der gerade einen offiziellen Staatsbesuch in Vietnam absolviert. Der chinesische Führer Zhou Enlai hatte zuletzt im Jahre 1971 das damals noch in den Befreiungskampf verstrickte südliche Nachbarland besucht. Li Pengs Visite markiert jetzt die endgültige Überwindung der fast zwei Jahrzehnte währenden Feindseligkeiten zwischen China und Vietnam, die 1979 in einem von China angezettelten Grenzkrieg eskaliert waren.

Hinter der – nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen vor einem Jahr jetzt noch einmal bekräftigten – Normalisierung zwischen den beiden Mächten am südchinesischen Meer stehen starke gemeinsame Interessen. In beiden Ländern halten kommunistische Parteien, die in langen und blutigen Kriegen an die Macht kamen, unerbittlich an ihrer Alleinherrschaft fest. Sie sehen ihre Macht von dem weltweiten Siegeszug des Kapitalismus bedroht, wissen um die Unzufriedenheit der von ihnen Beherrschten und fühlen sich mit dem Rücken zur Wand. Um sich an der Macht zu halten und ihrem Sozialismus der Armut neue Attraktivität zu verleihen, haben sie in den vergangenen Jahren radikale und im Vergleich zu Osteuropa sehr erfolgreiche Wirtschaftsreformen eingeleitet und versuchen, ein spätstalinistisches, asiatisch-autoritäres politisches System mit Marktwirtschaft zu kombinieren. Durch Gorbatschows Fall und die Bürgerkriegswirren in der GUS fühlen sie sich in ihrem Primat der wirtschaftlichen vor den politischen Reformen bestätigt.

Europäern mag die Aussöhnung im Fernen Osten als rein regionales Phänomen erscheinen, doch die geographische Distanz ist in den komplexen geostrategischen Konstellationen nach dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr der alles entscheidende Maßstab. Wer sich in Europa derzeit mit den letzten kommunistischen Bollwerken der Welt, die bis auf Kuba nur noch in Asien zu finden sind, befaßt, tut dies vor allem unter dem Aspekt der Menschenrechte. Die Empörung über deren systematische Verletzungen in China, aber auch in Vietnam, ist in jedem einzelnen Fall gerechtfertigt. Doch gleichzeitig würde der Sturz der Kommunisten in Peking naturgemäß den Zusammenbruch des Vielvölker-Reiches der Mitte nach sich ziehen. In einer ohnehin schon erschreckend instabilen Welt könnten neue, bislang noch verschüttete Konflikte aufbrechen. Die euro-asiatische Bürgerkriegs-Zone würde sich vom Mittelmeer bis zum Pazifik ausweiten – eine furchteinflößende Perspektive. Michael Sontheimer

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