: Chile wäscht weiß
■ Geheimdienstliche Mörder eines spanischen Diplomaten amnestiert
Santiago de Chile (AFP/wps) – Zwei chilenische Militärs, die des Mordes an einem spanischen Diplomaten im Jahre 1976 für schuldig befunden worden waren, sind zum Jahreswechsel von einem Richter in Santiago amnestiert worden. Richter Marcos Libedinsky begründete die Entscheidung damit, daß auf den Fall der beiden Geheimdienstoffiziere das von Ex- Diktator Augusto Pinochet erlassene Amnestiegesetz angewandt werden müsse. Libedinsky bestätigte allerdings in seiner Erklärung, daß der spanische Diplomat Carmelo Soria, der für die UN-Wirtschaftsorganisation CEPAL in Chile tätig war, vom inzwischen aufgelösten Geheimdienst DINA ermordet wurde.
Der Richter war vom Obersten Gerichtshof Chiles eingesetzt worden, um den Fall Soria neu zu untersuchen, nachdem die beiden Offiziere bereits von einem Militärgericht freigesprochen worden waren. Soria, der selber vor der Franco-Diktatur in Spanien geflohen war und während seines Aufenthalts in Chile verfolgten Mitgliedern der damals verbotenen Kommunistischen Partei bei der Flucht behilflich gewesen sein soll, war im Juli 1976 von DINA-Offizieren verschleppt und wenige Tage später in seinem in einem Bewässerungskanal versenkten zerstörten Fahrzeug tot aufgefunden worden. General Pinochet, dessen Regime von 1973 bis 1990 in Chile herrschte, hatte im April 1978 per Dekret ein Amnestiegesetz für Angehörige der Streitkräfte erlassen, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Das Dekret blieb auch nach der Demokratisierung Chiles in Kraft und Pinochet weiter als Armeechef im Amt.
Die Tochter des ermordeten Diplomaten, Carmen Soria, forderte unterdessen, die Vereinten Nationen sollten wegen der Amnestierung formell bei der chilenischen Regierung Protest einlegen. Der Anwalt der Familie sagte, es sei zwar die Wahrheit festgestellt, aber kein Recht gesprochen worden. Ein Sprecher des spanischen Außenministeriums äußerte „tiefe Enttäuschung“ über das Urteil. Sowohl Sorias Familie wie auch Regierungsangehörige haben wiederholt argumentiert, das Amnestiegesetz gelte nicht in Fällen, die die Außenbeziehungen Chiles tangierten.
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