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Chemiewerk in Brunsbüttel umrüstenAnwohner wollen Betonmantel

Bayer will sein Werk in Brunsbüttel umbauen. Dort wird ein Vorprodukt für Dämmstoffe hergestellt. Umweltschützer fordern höhere Sicherheitsstandards, weil mit dem giftigen Stoff Phosgen gearbeitet wird.

Soll umgebaut werden: Bayer-Werk in Brunsbüttel. Bild: Bayer MaterialScience AG

HAMBURG taz | Es ist fast wie bei einem Gerichtstermin: Kameras und Mikrofone müssen draußen bleiben, wenn am Montag im Brunsbütteler Elbeforum der geplante Umbau des örtlichen Bayer-Chemiewerks diskutiert wird. Der Leverkusener Konzern stellt in seinem Werk zwischen Nord-Ostsee-Kanal und Elbe Vorprodukte für Schaumstoffe her, nun will er die Kapazität für das Produkt MDI verdoppeln – daraus werden etwa Dämmstoffplatten hergestellt. Das Brisante: Bei der Herstellung dieses Stoffs verwendet Bayer Phosgen, einen hochgiftigen Stoff, der als Giftgas im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurde.

Deswegen sind Anwohner und Umweltverbände in Sorge und haben Einwände gegen eine Genehmigung des Umbaus in der bisher geplanten Form geschrieben. „Die Phosgen-Chemie gehört nach der Atomkraft zu den gefährlichsten Technologien in Deutschland“, schreibt etwa Philipp Mimkes von der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG). Der Verein findet deshalb die von Bayer geplanten Sicherheitsmaßnahmen zu lax. Etwa bemängelt er, dass die Sicherheitssysteme nicht redundant ausgelegt seien. Wenn also bei einem Störfall ein System versagt, gibt es kein zweites, das greifen kann. Außerdem würden Empfehlungen zu Mindestabständen von der Kommission für Anlagensicherheit nicht eingehalten. Das Urteil der CBG: Der Umbauplan sei so „nicht genehmigungsfähig“.

Über die Pläne entscheidet letztlich das schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). Es hat den Erörterungstermin am Montag angesetzt, bei dem die Kritiker des Umbaus und Bayer Behördenvertretern ihre Positionen darlegen können. 63 Einwendungsschreiben gegen das Bayer-Projekt in Brunsbüttel kamen in der Behörde an. Wenn nötig, läuft die Erörterung mehrtägig. Doch eine Entscheidung fällt nicht in dieser Woche – die öffentliche Anhörung ist nur ein Teil der Antragsprüfung.

Das Umweltverträglichkeitsgutachten des TÜV Süd, das Bayer bei der Genehmigung mit einreichen musste, sieht, wenig überraschend, keine Probleme bei den Ausbauplänen und hält die geplanten Sicherheitsmaßnahmen für ausreichend. Doch das überzeugt die Kritiker nicht. „Es gibt eine ganze Reihe Möglichkeiten, ein Gutachten zu tunen“, sagt Karsten Hinrichsen, der für den BUND und die CBG an der Debatte teilnehmen wird.

So werde zwar ein Problem mit Phosgen in dem Papier durchgespielt – allerdings gehe es nur um eine kleines Leck, das bei günstigen Wetterbedingungen innerhalb von drei Minuten abgedichtet werde. Unter diesen Umständen würden an der Werksgrenze keine Grenzwerte überschritten. Worst-Case-Szenarien fehlten in dem Papier. Die Folgen von Explosionen, Großbränden oder Flugzeugabstürzen auf das Werk würden nicht durchgespielt. Bayer will die Anlagenteile, in denen mit Phosgen gearbeitet wird, mit Stahlblechen ummanteln – die CBG hält eine Betonhülle für notwendig – auch für die schon bestehende Anlage, die bisher keine Schutzhülle hat.

Bayer gibt sich überzeugt vom eigenen Konzept und den Untersuchungen: „Die geplante neue Produktionsanlage ist ein Meilenstein hinsichtlich Energieeffizienz, Umweltverträglichkeit und Produktivität und erfüllt höchste Sicherheitsstandards“, sagt Klaus Gebauer, der Standortchef des Bayer-Werks. „Phosgen ist eine Chemikalie, mit der wir umzugehen wissen“, sagt Günter Jacobsen, der Sprecher des Werks: „Phosgen wird in der Anlage hergestellt und sofort vernichtet.“ Seit 30 Jahren sei der Stoff in Brunsbüttel unfallfrei im Einsatz. Über einzelne Sicherheitsmaßnahmen, etwa wie die Anlagen ummantelt werden, will er nichts sagen: „Ich will der Diskussion nicht vorgreifen.“

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