Chelsea gegen Schalke: Frühe Schockmomente
Niederlage für Schalke: In der Champions League-Partie gegen den FC Chelsea patzte Torwart Manuel Neurer bereits in der vierten Minute.
LONDON taz Mit einer überaus "positiven Einstellung" waren die Spieler des FC Schalke 04 von ihrem Trainer Mirko Slomka in die Champions League-Partie gegen den FC Chelsea geschickt worden. "Wir wollten von Beginn an offensiv spielen", sagte Slomka hinterher mit lauter Stimme. Schon nach vier Minuten war aus der taktischen Vorgabe eine Notwendigkeit geworden: Jung-Keeper Manuel Neuer ließ einen harmlosen Schuss des Franzosen Florent Malouda durch Arme und Beine rutschen. Die einzige Schwäche des Schalker Torhüters sorgte für nachhaltige Depression an diesem Londoner Herbstabend. Bei Didier Drogbas abseitsverdächtigem 2:0, diesmal nur drei Minuten nach Wiederanpfiff, war Neuer machtlos.
Es waren die frühen "Schockmomente" (Slomka), die das Schalker Spiel nachhaltig beeinflussten: Kurz vor Anpfiff hatte bereits Angreifer Kevin Kuranyi passen müssen - der Nationalspieler war im Abschlusstraining mit Dario Rodriguez zusammengeprallt. Sören Larsen musste ihn ersetzen und sollte die offensive Ausrichtung des Teams unterstreichen - neben Larsen agierten Gerald Asamoah und Peter Lövenkrands in vorderster Reihe. Doch das Spiel wurde früh durch individuelle Fehler in der Defensive entschieden.
Slomka wollte Neuer hinterher nicht für die Niederlage verantwortlich machen: Er habe der Mannschaft mit diesem Fehler zwar nicht geholfen, Neuers Missgeschick "war nur das Ende der frühen Fehlerkette". Rechtsverteidiger Rafinha verlor gleich zwei entscheidende Duelle. Erst kam er gegen Drogba zu spät, dann ließ er sich gleich mehrmals vom Torschützen Malouda ausspielen. Die Schalker bemühten sich in der Folge zwar mitzuspielen, außer einem Pfostenkopfball von Larsen in der zweiten Hälfte und einem vermeintlichen Abseitstreffer von Carlos Großmüller kam aber nicht viel heraus. Zu wenig, um auf allerhöchstem europäischen Niveau bestehen zu können. Das musste auch Manuel Neuer erfahren, der derzeit in der aktuellen Debatte um den zukünftigen Nationaltorhüter hochgehandelt wird. Schon gegen Hansa Rostock am vergangenen Samstag hatte der 21-Jährige gepatzt, und beim Champions League-Auftakt gegen den FC Valencia machte er auch keine gute Figur. Ein sich andeutendes Torwartproblem oder gar eine Krise wollte Slomka, der Neuer in der vergangenen Saison zum Leidwesen von Schalkes damaligen Torhüter Frank Rost gefördert hatte, dennoch nicht erkennen. "Manuels Reaktion nach dem Gegentreffer war äußerst positiv. So spielt kein Torhüter, der verunsichert ist", verteidigte er seine Nummer Eins. Tatsächlich strahlte Neuer fortan eine enorme Präsenz und Sicherheit aus. Die Fans verabschiedeten ihn sogar mit Sprechchören in die Kabine. Die Richtung des Spiels hatte er trotzdem entscheidend beeinflusst.
Ergebnis: 2:0 (1:0)
FC Chelsea: Cech - Paulo Ferreira, Alex, Ricardo Carvalho, Bridge - Essien (70. Mikel), Makelele, Lampard - Joe Cole (89. Schewtschenko), Drogba, Malouda (83. Kalou)
FC Schalke 04: Neuer - Rafinha, Westermann, Bordon, Rodriguez (81. Bajramovic) - Jones, Ernst - Grossmüller (77. Azaouagh) - Asamoah (61. Rakitic), Larsen, Lövenkrands
Schiedsrichter: Fröjdfeldt (Schweden) - Zuschauer: 41.000
Tore: 1:0 Malouda (4.), 2:0 Drogba (47.)
Gelbe Karten: - / Rodriguez, Jones
Vermutlich war es einfach der falsche Zeitpunkt für das Duell mit dem FC Chelsea: Die Formkurven der beiden "Blues" laufen seit Wochen entgegengesetzt. Während die Schalker wenig von ihrem guten Saisonstart in die Gegenwart hinüberretten konnten, hat Chelsea mittlerweile den Wechsel auf der Trainerbank von José Mourinho zur Avram Grant verkraftet. Auch die Rückkehr von Kapitän Frank Lampard sorgt für gute Laune: "Wir wollen unser Spiel in Zukunft weiter verbessern und offensiver gestalten und die Vergangenheit hinter uns lassen", sagte Grant nach dem Spiel. Der Abschied von Mourinho soll auch auf dem Rasen sichtbar werden. Der dauerverletzte Michael Ballack scheint dabei keine große Rolle mehr zu spielen. "In ein bis zwei Monaten könnte er zurück kommen", lautete Grants kurze Antwort auf die Nachfragen deutscher Journalisten. Und sogar der Ukrainer Andrij Schewtschenko schmorte bis zur 89. Minute auf der Bank. Für die ehemaligen Wunschspieler Mourinhos ist kein Platz mehr im Team.
Von diesem Luxus können die Schalker nur träumen. Nach dem Ausfall von Kevin Kuranyi standen Mirko Slomka an der Stamford Bridge nur noch 15 einsatzfähige Profis und mit Benedikt Höwedes ein Nachwuchsmann zur Verfügung. Während des Spiels mussten noch Abwehrmann Rodriguez und Gerald Asamoah passen. Ob sie morgen im Spiel der Champions League-Teilnehmer und potenziellen -Anwärter gegen Werder Bremen auflaufen können ist unklar. Aber Slomka denkt eh schon weiter. "Wir hoffen, dass wir am letzten Spieltag der Gruppenphase gegen Rosenborg Trondheim den zweiten Platz verteidigen können." Dazu muss das Team in kommenden beiden Spielen gegen Chelsea und Valencia aber ähnlich offensiv und überzeugend auftreten wie der Trainer. Ansonsten endet auch die dritte Champions League-Teilnahme der Königsblauen bereits in der Vorrunde.
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