■ Berliner Telegramm: Chefermittler hielt Nacktfotos von Kindern für legal
Nacktaufnahmen minderjähriger Jungen, wie sie Berlins größtem Kinderpornographie-Prozeß zugrunde liegen, sind nach Aussagen des damaligen Chefermittlers der Kriminalpolizei von ihm nicht als strafbar bewertet worden. Er habe aber dem angeklagten Pädagogen keinen „Persilschein“ ausgestellt, sagte der 53jährige Beamte gestern vor dem Landgericht. Die Bewertung zwischen verbotener Pornographie und erlaubten FKK-Darstellungen seien von Staatsanwaltschaft und Gerichten zu treffen, erklärte der damalige Leiter der Fachdienststelle. Diesen Standpunkt habe er dem Angeklagten deutlich gemacht. Der 54jährige Pädagoge, dem Kindesmißbrauch in über 50 Fällen vorgeworfen wird, hatte sich darauf berufen, dem Kripobeamten seine Kataloge mit Kinderfotos zur Überprüfung geschickt zu haben. Der Zeuge bestätigte eine Sichtung des Materials und sprach von Darstellungen „am Rande der Legalität“. Der Polizist, gegen den selbst ermittelt worden war, hätte das ihm vorliegende Material seiner Aussage nach „durchgehen lassen“. Die Polizei treffe aber nur eine „Vorauswahl“ und wende sich im Zweifel an die Staatsanwaltschaft, erklärte der Zeuge seine Position. Auch im Kollegenkreis hätten unterschiedliche Meinungen geherrscht, wo die Grenzen lägen. Eine Gratwanderung sei dieser Bereich schon, sagte der Zeuge vor dem Landgericht. Er habe dem Angeklagten daher keinen konkreten Rat geben können, erklärte der Beamte. Er habe aber versucht, „die gesetzliche Auffassung rüberzubringen, so gut es ging“. Der Prozeß wird morgen fortgesetzt. dpa
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