■ Chefarzt-Pfründe unangetastet: Moderne Raubritter
Als Beamte und Professoren verdienen sie ein fürstliches Gehalt und verdienen sich mit der Behandlung von Privatpatienten sechsstellige Summen dazu. Die Rede ist von Chefärzten, den modernen Raubrittern in Weiß. Wenn sie für die Behandlung von Privatpatienten teure Röntgen- oder Laborgeräte der Klinik benutzen, bereichern sie sich auf Kosten der Allgemeinheit. Denn sie führen nur einen Bruchteil der Refinanzierungskosten für die Apparate an die Klinik ab. Die Behandlungen führen meist ihre Ober- und Assistenzärzte aus, die auf der Gehaltsliste des Krankenhauses stehen. Ob ihnen der Chef von den Privateinkünften ein paar Mark abgibt, entscheidet er nach Gutsherrenart.
Ein kleines Grüppchen aufrechter Politiker aus Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP, das diesen Raubrittern das Handwerk legen wollte, hat gestern eine Niederlage erlitten. Ihr Antrag zur Beschneidung der Chefärzte-Privilegien wurde gestern nach anderthalb Jahren und diversen Ausschußrunden in den „Unterausschuß Krankenhaus“ überwiesen – eine erstklassige Beerdigung.
Die Argumente waren fadenscheinig, aber die Raubritter haben mächtige Komplizen: Wissenschaftssenator Erhardt – er warf denjenigen, die an den Privilegien rütteln wollen, „Neid“ vor – und Gesundheitssenator Luther, selbst Arzt und Tennispartner von Hans- Joachim Dulce, Leiter der Uniklinik Steglitz, der seinen lukrativen Job auch mit 67 noch nicht aufgeben möchte. Weder Erhardt noch Luther (beide CDU) hat etwas dafür getan, die Gewohnheitsrechte der Chefärzte zu beschneiden. Auch in der SPD gibt es Komplizen. Erst trugen die SPD-Gesundheitspolitiker die bündnisgrüne Initiative mit, dann fielen sie um. Beide arbeiten an Krankenhäusern ... Eine Krähe hackt der andern kein Auge aus. Dorothee Winden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen