Chef der britischen Liberalen: Ein gläubiger Christ

Tim Farron tritt als Chef der Liberal Democrats zurück. Seine Parteigenossen werfen ihm vor, dass er die Chancen der Partei in den Städten ruiniert hat.

Ein Mann vor einem Kronleuchter

Tim Farron sagt, er sei zwischen dem Glauben und der Politik hin- und hergerissen gewesen Foto: dpa

Ein Christ kann kein Politiker sein. Das glaubt jedenfalls Tim Farron. Deshalb trat er am Mittwoch als Chef der britischen Liberalen Demokraten zurück. Er war zwischen seinem Leben als gläubiger Christ und seiner Rolle als politische Führungspersönlichkeit hin- und hergerissen, sagte Farron.

Bis zu den parlamentarischen Sommerferien im Juli bleibt er noch im Amt. Freiwillig geht er dann aber nicht. Mehrere Mitglieder seines Schattenkabinetts hatten ihm offenbar nach der britischen Unterhauswahl am Donnerstag voriger Woche diesen Schritt nahegelegt. Der innenpolitische Sprecher der Partei, Brian Paddick, war am Mittwoch wegen Bedenken über Farrons „Ansichten zu verschiedenen Fragen“ zurückgetreten.

Paddick ist schwul. Farron hatte die Frage, ob er Homosexualität für eine Sünde halte, in der Vergangenheit meist ausweichend oder mit einer Gegenfrage beantwortet: „Sind wir nicht alle Sünder?“ Erst im Wahlkampf sagte er, dass Homosexualität keine Sünde und Abtreibung okay sei. Dieses Bekenntnis fiel ihm sichtlich schwer.

„Ein politischer Führer zu sein – vor allem von einer progressiven und liberalen Partei – und als bekennender Christ zu leben und sich pflichtgetreu an die Lehren der Bibel zu halten, war nach meinem Gefühl unmöglich“, sagte er bei seinem Rücktritt.

Seine Parteigenossen halten Farron hingegen keineswegs für einen Märtyrer. Sie werfen ihm vor, dass er mit seinem Herumgeeiere bei moralischen Fragen die Chancen der Partei vor allem in den städtischen Wahlkreisen ruiniert habe, wo man Labour eigentlich Sitze abjagen wollte.

Bei den Wahlen, zu denen die Liberalen mit dem Versprechen angetreten waren, die Briten am Ende der Brexit-Verhandlungen über das Ergebnis abstimmen zu lassen, gewann die Partei lediglich drei Sitze hinzu und stellt nun zwölf Abgeordnete.

Das war aber nicht nur Farrons Schuld. Viele Stammwähler haben es bis heute nicht verwunden, dass die Liberaldemokraten nach den Wahlen 2011 eine Koalition mit den Tories eingegangen sind. Der damalige Parteichef Nick Clegg hat seinen Sitz vorige Woche auch verloren. Jetzt muss man einen Nachfolger für Farron suchen, der von dieser Koalition unbefleckt ist.

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