piwik no script img

Auf Du und Du mit dem ChaosChaostage vor Gericht

■ Platzverweise verfassungswidrig?

Nur wenige Tage vor den „Chaostagen“ in Hannover gibt es um das von der Polizei erlassene Verbot des umstrittenen Punker-Treffens eine gerichtliche Auseinandersetzung. Drei Bürger haben beim Verwaltungs gericht Hannover Klage erhoben. Sie fühlen sich in ihren Grundrechten beeinträchtigt, heißt es in einem Antrag ihres Rechtsanwalts. Ein Polizeisprecher bestätigte am Samstag, daß das Verwaltungsgericht Anfang dieser Woche über den Antrag auf aufschiebende Wirkung entscheiden werde.

Die Polizeidirektion Hannover hatte das Punkertreffen Ende Juni mit Wirkung vom 26. Juli verboten und dies mit den Erfahrungen des vergangenen Jahres begründet. Damals waren bei Krawallen mehr als 400 Menschen verletzt worden. Seit Beginn des Verbots um Null Uhr am Freitag hat die Polizei nach eigenen Angaben bis gestern morgen bereits 113 Platzverweise gegen Punks ausgesprochen. Es gab außerdem 15 Strafanzeigen, 52 Ordnungswidrigkeiten. 16 Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. 161 mal wurde die Identität überprüft.

Das Verbot der „Chaostage“ wird nach Ansicht von Hannovers Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) viele Punks davon abhalten, in die Stadt zu kommen. „Ich unterstütze das Verbot der Polizei voll und ganz“, sagte Schmalstieg. Einer von Bündnis 90/Grüne und Bürgern geforderten alternativen Veranstaltung für friedliche Punker erteilte er eine klare Absage.

In dem gegen das Verbot gerichteten Antrag der drei Kläger heißt es unter anderem, der Verfügung fehle es an „inhaltlicher Bestimmtheit“. Es könne niemand sein Verhalten danach einrichten.

Ein Antragsteller wohnt auf dem von Alternativen bewohnten Sprengelgelände und sieht „seine Lebensführung für zehn Tage verboten“. Ein weiterer sieht Besuche bei seinen Freunden in der Nordstadt gefährdet, in der es im vergangenen Jahr die Krawalle gab. Der dritte ist Dozent an einer Fachhochschule und befürchtet, daß ihm der Aufenthalt in der Nordstadt und der von ihm betreuten Gruppen untersagt werden könnte.

Am Samstag vormittag demonstrierten zwischen 50 und 100 Personen in der Innenstadt Hannovers gegen das Verbot. Zu Zwischenfällen kam es nicht.

Zu den „Chaostagen“ rechnet die Polizei mit rund 1 300 zum Teil gewaltbereiten Jugendlichen aus ganz Deutschland und angrenzenden Ländern. Rund 6.000 Polizisten sollen das elf Tage geltende Verbot der Veranstaltung durchsetzen und Straßenschlachten in diesem Jahr verhindern. Gerüchte, die Chaostage verlagerten sich in diesem Jahr nach Bremen, haben sich bisher nicht bestätigt.

dpa/taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen