: Chaos landauf, landab bei Wahl in Rumänien
■ Kinder spielten mit Stimmzetteln. Ein Toter wurde zum Bürgermeister gewählt
Bukarest (dpa) – Die Kommunalwahlen in Rumänien am vergangenen Sonntag waren offensichtlich von allerlei Merkwürdigkeiten geprägt. Anfechtungen wegen der Unregelmäßigkeiten liegen bereits vor.
Das rumänische Helsinki-Komitee für Menschenrechte konnte seine Rolle als unabhängiger Wahlbeobachter nicht wahrnehmen, weil am Sonntag morgen seine Telefone rätselhafterweise nicht mehr funktionierten. In der Hauptstadt Bukarest gelang es einem Sympathisanten der Partei von Ministerpräsident Nicolae Vacaroiu, vor Zeugen zwölf ausgefüllte Stimmzettel in die Wahlurne zu befördern. Er konnte gerade noch daran gehindert werden, mit neun weiteren Zetteln, die er von einer namentlich bekannten Wahlhelferin bekommen hatte, diesen Vorgang zu wiederholen.
Nach Angaben des zentralen Wahlbüros in Bukarest gingen die Wahlhelfer häufig mit in die Kabine, um zu „helfen“, andererseits wüßten sie oft nicht, wo sie den Kontrollstempel auf den Stimmzettel drücken sollen. Deswegen mußten in der Schwarzmeerstadt Constanta 1.500 Wählerstimmen annulliert werden.
In der Hauptstadt fand sich der Bürgermeisterkandidat der oppositionellen Sozialdemokratischen Union erst gar nicht im Wählerverzeichnis. In den Wählerverzeichnissen standen Namen von Personen, die schon 20 Jahre tot waren. In dem ostrumänischen Dorf Cuca konnte ein Bürgermeisterkandidat gewählt werden, der seit vier Tagen nicht mehr unter den Lebenden war.
Balkanische Unbekümmertheit traf mit gezielten Schummeleien zusammen. In einem Gebirgsdorf, 200 Kilometer nördlich von Bukarest, spielten Kinder mit Wahlzetteln und Stempeln, ein Polizist schaute seelenruhig zu. Vor allem in der Provinz befanden sich viele Familienangehörige von Kandidaten unter den Wahlhelfern. Die Wahlbeteiligung betrug rund 40 Prozent. Unklar ist, wann das amtliche Wahlergebnis vorliegt.
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