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Cash und CrashSchwarzer Oktober

■ Unruhe an den internationalen Aktienmärkten: Alle Indikatoren signalisieren eine Baisse

Auf dem internationalen Börsenparkett klingelt es selten. Weder tiefe Kursstürze noch freudige Haussen kündigen sich durch Vorwarnungen an. Und obwohl manch unerwartetes Ereignis die Spekulation in Bewegung setzt, sind es meist die Märkte selbst, die die Gründe für die Auf- und Abwärtsbewegungen liefern. Doch was sich seit dem Sommer an den internationalen Börsen abspielt, will nicht so ganz den Bauernregeln folgen. Ein Crash in Raten läßt die Aktienindexe vor allem auf Europas Finanzplätzen in den Keller rasseln. Statt Gerüchten bestimmt diesmal eine schlichte Einsicht den Handel: Angesichts der ökonomischen Realitäten hilft selbst das Prinzip Hoffung nicht weiter. Das blinde Vertrauen der Händler in Währungen, Wirtschaft und Politik schrumpft von Tag zu Tag. Also Daumen nach unten und verkaufen.

Pünktlich zum Oktober, seit den Börsenkrächen von 1987 und 1989 ein unter Börsianern besonders gefürchteter Monat, mußten die Broker und ihre Kundschaft erneut drastische Kursverluste hinnehmen. In Frankfurt fielen die Aktienkurse zum Wochenbeginn um 3,5 Prozent, der deutsche Aktienindex (DAX) erreichte gestern mit 1.420,30 Punkten einen neuen Jahresttiefstand.

In London und Paris sah es nicht besser aus: In der britischen Hauptstadt wurde am Montag der größte Tagesverlust dieses Jahres verzeichnet. In Frankreich betrugen die Verluste innerhalb einer Woche sogar elf Prozent, so daß die Banker bereits einen neuen Börsencrash heraufziehen sahen. Auch von der Wall Street und der Tokioter Kabuto Cho gab es bedrohliche Zeichen für einen schwarzen Herbst. Selbst wenn sich die Börsenbarometer gestern wieder etwas Luft verschaffen konnten — die Kursentwicklung paßt sich der wirtschaftlichen Lage an, und die ist alles andere als rosig. Möglicherweise, so die Händler, werde die Talfahrt der Kurse in den nächsten Tagen weiter anhalten.

Daß die Stimmung auf dem Börsenparkett einen Tiefpunkt erreicht hat, zeigt das Beispiel Deutschland: Um ein Fünftel sind die Aktienkurse seit dem Mai gefallen; seit Jahresbeginn haben die Anleger im Schnitt neun Prozent verloren. Der Schuldenstand beträgt 44 Prozent der Wirtschaftsleistung, die Inflationsrate ist mit 4,3 Prozent in diesem Jahr noch immer zu hoch, die Geldmenge wächst, und die Zinsen wollen nicht fallen. Die Wirtschaft steckt in einer Rezession, der niedrige Dollarkurs läßt zudem die Exporteinnahmen der Industrie weiter absacken. Auch der Miseren-Index, das Barometer aus Arbeitslosenrate, Inflation und Zinsen, fällt miserabel aus. Wer will angesichts solcher Indikatoren da noch einsteigen? Erwin Single

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