■ Cash and Crash: Währungsunion adieu?
Berlin (taz) – Die Maastrichter Verträge, eine Währungsunion samt ECU mit festem Wechselkurs zu den alten Währungen, wurde bisher von der Mehrheit der Wirtschaftspolitiker als unverzichtbar für ein blühendes Westeuropa erklärt. Nun bekommen einige Befürworter kalte Füße. Speziell das Buch „Das verrottete Herz Europas“ des Briten Bernard Connolly hat einige ins Grübeln gebracht. Connolly ist kein fanatischer Euro-Gegner, sondern arbeitet seit 17 Jahren bei der Europäischen Kommission. Er war dort für die Überwachung der Wechselkurse innerhalb der EU zuständig. Und genau die gewaltsame Anpassung der Kurse bis spätestens 1999 läßt laut Connolly große Spannungen zwischen den Nationen bis hin zu einem Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland um die Kontrolle über Europa heraufziehen.
Es wird vielleicht nicht gleich einen Krieg geben. Andere Experten stimmen jedoch mit Connolly überein, daß die Unterschiede zwischen den verschiedenen Steuersystemen und Produktivitätszahlen sich dann nicht mehr selbständig über die Auf- und Abwertung einzelner Währungen regeln können. Lief die Wirtschaft eines Landes schlecht, konnte die Regierung bisher über Konjunkturprogramme die Wirtschaft ankurbeln. Dies erhöht die Staatsverschuldung, wurde jedoch vor allem von den südlichen Ländern der EU in den letzten Jahrzehnten häufig angewandt. Mit den Kriterien von Maastricht für die Aufnahme in die Währungsunion ist das kaum noch möglich. Also bleibt den ArbeiterInnen künftig nur noch die Abwanderung von strukturschwachen in boomende Gegenden als Ausgleich. Um sich vor der einwandernden Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zu schützen, werden die Beschäftigten der prosperierenden Länder Schutzmaßnahmen fordern, ein neuer Protektionismus läßt grüßen.
Viele Länder werden ihre bisherige Politik der eher weichen Währungen fortsetzen wollen, die Deutschen aber werden dagegenhalten. Wenn sich die Deutschen durchsetzen, werden sie die Währungsunion vielleicht nur mit den Österreichern und Holländern eingehen können, so die Einschätzung einiger Experten.
Also allerorten schlechte Aussichten für eine Währungsunion? Nicht ganz. David Roche, ein Direktor der Londoner Wirtschaftsforscher von Independent Strategy, nennt eine Region mit 350 Millionen Einwohnern, einem Wirtschaftswachstum von fünf bis sieben Prozent jährlich, das über die Einigungsprobleme hinweghilft, und Staatsverschuldungen weit unter den Maastrichter Kriterien. Auch der Handel zwischen den dortigen Staaten ist stark, die Arbeitslosigkeit überall niedrig. Leider ist es nicht das Europa des Jahres 2000, so Roche, sonden Südostasien heute. rem
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