■ Cash & Crash: Einladung zum Strippen
Als „Club der Diebe“ titulierte der amerikanische Pulitzerpreisträger James B. Steward die Börsenmanipulatoren der Wall Street. Mit heißen Insidertips ausgestattet, funktionieren die cleveren Finanzjongleure die Börse zum Selbsbedienungsladen um und kassierten dabei Milliardensummen ab.
Genutzt hat es den Köpfen der Plünderer, Ivan Boesky, Michael Milken und Marin Siegel freilich wenig, denn sie wanderten bald hinter schwedische Gardinen. Daß sie nicht ungeschoren davonkamen, können sich die amerikanischen Börsenaufsicht und die Strafverfolgungsbehörden zugute schreiben.
Die 2.000 Mitarbeiter starke Securities and Exchange Commission hatte die Bande geldgieriger Aufsteiger zur Strecke gebracht; das plea bargaining vor Gericht hat die Absahner letztlich ans Messer geliefert.
Von sicheren Gewinnen ohne Risiko träumt mancher Börseninsider auch hierzulande – während die deutschen Behörden angsichts der amerikanischen Regelungen nur vor Neid erblassen können.
Die verschworene Strippergemeinschaft macht sich strafbar, wenn sie ihr vertrauliches Wissen ausnutzt, um an der Börse mit manipulierten Kursen ihre eigene Kasse aufzubessern. So sollte es sein, ist es aber nicht. Wer auf dem deutschen Börsenparkett weiterhin mit vertraulichen Tips ausgestattet auf Beutezug geht, muß vorerst nicht damit rechnen, in Handschellen abgeführt zu werden.
Kursmanipulationen, darauf haben sich die Fachminister der Länder und Bundeskassenwart Theo Waigel Anfang dieser Woche geeinigt, sollen erst ab 1994 strafrechtlich verfolgt werden. Doch wie sich Kursmanipulationen und Insidergeschäfte überhaupt definieren lassen, darauf konnte sich die Konferenz nicht verständigen. Auch soll nun endlich eine eigenständige Börsenaufsicht her, wie von ausländischen Anlegern immer wieder gefordert – doch über ihre Zusammensetzung, Kompetenz und ihren Amtssitz wird weiter gerangelt. Vielleicht kommt die neue Behörde ja sogar in die neuen Bundesländer, wie es die Föderalismuskommission allen Ernstes vorgeschlagen hat.
Von Plauen, Chemnitz oder Frankfurt/Oder aus, so muß sich der erlauchte Expertenstab wohl gedacht haben, lassen sich die Devisenstripper, die in den letzten Jahren ihr Unwesen an der Frankfurter Börse getrieben haben, künftig wohl am besten kontrollieren. Die mit allen Wassern gewaschenen Absahner dürfen sich die Hände reiben: Insidergeschäfte bleiben, in Deutschland zumindest, was sie schon immer waren – nämlich Kavaliersdelikte. Erwin Single
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