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■ Cash & CrashFamiliensilber zu verkaufen

Berlin (taz) – Europa steht zum Verkauf, freut sich die amerikanische Zeitschrift Business Week. Juwelen gar würden da demnächst veräußert. Und die Staatssäckel der allesamt heftig verschuldeten EG-Staaten würden endlich mit barer Münze gefüllt – mit insgesamt 150 Milliarden Dollar (250 Mrd. Mark), wenn alles nach Plan läuft.

Die Juwelen, das sind die Unternehmen in staatlichem Besitz. Nach einer Privatisierungsrunde in den achtziger Jahren, in denen vor allem Großbritannien das „Familiensilber“ verscheuerte, folgt nun auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern der Ausverkauf, diesmal angeführt von Frankreich. Der konservative Premierminister Edouard Balladur plant, ab September 21 französische Staatsunternehmen an die Börse zu bringen, allen voran die großen Banken und Versicherungen wie die Banque Nationale de Paris, außerdem die Ölgesellschaft Elf Aquitaine, die Telecom und Renault. Italien will unter anderem mit den Ölfirmen ENI und Agip folgen, Spanien mit dem Energieversorger Endesa. In Großbritannien soll der restliche Staatsanteil der British Telecom ebenfalls verkauft werden. Und in Deutschland werden für die Telekom und die Lufthansa die Weichen in Richtung Privatisierung gestellt.

Die nicht besonders reichhaltige Pariser Börse etwa könnte durch die Schwemme neuer Aktien glatt um 20 Prozent wachsen. Als die französische Regierung im Juni Teile einer kleineren staatlichen Bank verkaufte, um den Markt anzutesten, wurden 17mal mehr Aktien geordert, als zum Verkauf standen. Kein Wunder: die Aktien waren 6 Prozent unterhalb des Marktwertes angeboten worden. Mit solchen Dumping-Preisen hatte schon Margaret Thatcher KäuferInnen für die Aktien britischer Staatsfirmen geködert. Das Volk, jedenfalls der Teil davon, der Aktien hatte ergattern können, profitierte massiv von dieser Art des Kapitalismus und wählte dankbar wieder die Konservativen.

Dennoch sind BörsenkennerInnen skeptisch, ob bei dieser Privatisierungsrunde alles so einfach gehen wird. Sie befürchten eine Überfüllung der Aktienmärkte. Die 250 Milliarden Mark, die die europäischen Regierungen einzunehmen hoffen, müssen ja auf den Börsen erst einmal aufgebracht werden. Die EuropäerInnen sind bei riskanten Aktienspekulationen jedoch sehr zurückhaltend. Die meisten bevorzugen festverzinsliche Anleihen, bei denen nicht viel schiefgehen kann. Jetzt hoffen die Regierungen und die Investment-Banken, die den Verkauf vermitteln, vor allem auf InteressentInnen aus den USA. Bisher machen dort ausländische Aktien allerdings erst fünf Prozent der Aktien-Portfolios aus.

Die europäischen Regierungen aber können sich einen Flop, schon allein angesichts der äußerst angespannten Haushaltslage, nicht leisten. Insbesondere die französische Regierung, die sich schon in zwei Jahren erneuten Wahlen stellen muß, steht unter Erfolgszwang. Es ist also anzunehmen, daß als erstes die gesunden Staatsunternehmen zu besonders vorteilhaften Preisen angeboten werden. Die taz-Anlageberaterin rät: Kaufen! lieb

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