■ Cash & Crash: In der Zwickmühle
Berlin (taz) – Wie verläßlich sind die Börseninformationen, die man den einschlägigen Publikationen entnehmen kann? Nicht sonderlich, erklärt das New Yorker Wall Street Journal. Und dafür können die Finanzjournalisten noch nicht mal etwas; das Problem sind vielmehr die Informanten. Denn woher sollen die Journalisten die Tips und Hintergründe bekommen, wenn nicht von Marktinsidern, die selber Geld auf den Finanzmärkten umsetzen?
Man wird wohl kaum erwarten können, daß beispielsweise ein Fonds-Manager schlechte Nachrichten über Aktien rausläßt, von denen er selbst einen Stapel besitzt. Umgekehrt wird jeder Investmentbanker nach besten Kräften versuchen, den Fachjournalisten solche Papiere anzupreisen, die er gerade erworben hat – in der nicht ganz unberechtigten Hoffnung, so deren Kurse in die Höhe zu reden.
Das läßt den Journalisten in einem Dilemma: Er kann natürlich alle Informanten meiden, die Eigeninteressen verfolgen. Das heißt aber zugleich, daß er allen denjenigen aus dem Weg gehen muß, die möglicherweise über spannende Informationen verfügen. In dieser Zwickmühle bleibt so mancher Finanzschreiberling hängen, so zum Beispiel Dan Dorfman, den die US-Zeitschrift Money vorletzte Woche mit lautem Knall feuerte. Dorfman war einer der renommiertesten Autoren der Szene. Mit wenigen Worten, die er auch über den Kabelsender CNBC verbreitete, konnte er Kurse bewegen.
Dann aber berichtete das Konkurrenzblatt Business Week, daß es an Dorfmans Seite noch einen anderen Herren gebe, einen Freund, der gegen ein gewisses Entgelt Spekulanten persönlichen Zugang zu dem berühmten Kolumnisten verschafft haben soll. Jener Freund überredete sodann den Autor, im Interesse der zahlenden Anleger gegebenenfalls auch zweifelhafte Aktien wärmstens zu empfehlen.
Das Wall Street Journal vermutet jedoch, daß es in den meisten Fällen gar nicht Bestechlichkeit ist, was Journalisten falsche Informationen über das Börsengeschehen verbreiten läßt. Das weitaus größere Problem sei die Faulheit, exklusive Statements von Insidern nachzurecherchieren, sowie schlichte Inkompetenz. lieb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen