CannesCannes: Gefährliche Väter
■ Gute Drogen, schlechte Drogen: Neues von Ken Loach, Claude Miller, den Blues Brothers
Die Frage war vorhersehbar, die Anwort dennoch gut: Wie sich die Crew auf den Film vorbereitet habe? Ob sie reale Erfahrungen mit all den Drogen habe, die dort vorkommen? „Well“, meinte Johnny Depp trocken, „we are true responsable people.“ Ansonsten gebe es gute und schlechte Drogen.
Um gute Drogen handelt es sich, wenn sie aus sozialen Problemlagen heraus konsumiert werden oder ihr Konsum zu solchen führt. Ken Loach hat sich der guten Drogen angenommen. „My Name is Joe“ erzählt die Geschichte des trockenen Alkoholikers Joe Kavanagh, der Müller, Netzer, Vogts, Beckenbauer und Sepp Maier trainiert – die freilich im Falle, daß die gegnerische Mannschaft ebenfalls im deutschen Schwarzweiß auftritt, auch mal namen- und trikotlos spielen. Es sind die 90er Jahre im armen Teil von Glasgow. Als einer seiner Spieler in Schwierigkeiten kommt, verhandelt Joe selbst mit dem Dealer. Die Sache geht nicht gut aus. Jedenfalls nicht für Liam (David McKay). „My Name is Joe“ glänzt durch Perfektion. Das Buch ist perfekt, die Schauspieler sind es ebenso, der Film hat Witz, und er ist spannend. Doch er überrascht nie und ist letztlich aalglatt.
Um schlechte Drogen handelt es sich, wenn sie just for fun konsumiert werden, wenn der Exzeß ungerechterweise nicht in die Katastrophe führt, sondern zu einem neuen Stil der Beobachtung und Beschreibung der Welt, wie im Falle des Southern Gentleman Hunter S. Thompson. Wenn am Ende ein durchgeknallter und ziemlich strapaziöser Film herauskommt, wie im Falle von „Fear and Loathing in Las Vegas“, der trotz seiner Eidechsenpuppenparade wenig mit dem Horrorfilm zu tun hat und so etwas wie Hollywoods Version von Mathew Barneys „Cremaster 5“ ist.
Neben Drogen ist die Figur des päderastischen Vaters Thema gleich zweier Filme. Nicolas (Clement van den Bergh) ist gequält. Das verstärkt sich, als er mit der Schulklasse in den Winterurlaub fährt. Er hat Alpträume, in denen er seinen Vater gern verschwinden oder sterben läßt. Am Ende wird der Alptraum wahr, wenn der Vater als der Mörder eines kleinen Jungen festgenommen wird. Claude Millers „La classe de la neige“ beginnt vielversprechend. Doch dann nehmen die Alpträume überhand und ihre Auflösung wirkt ziemlich herbeigeholt. „Welcome to the Dollhouse“ ließe sich auch zu Todd Solondz zweitem Film „Happiness“ sagen, der in der Quinzaine läuft. Aber selbst wenn er seine Figuren so stilisiert, daß sie aus dem Lehrbuch der Psychopathologie des Alltagslebens daherkommen könnten, interessiert Solondz – anders als Miller – die Vater- Sohn-Beziehung, und er erzählt sie so, daß sie tragischerweise, trotz der Perversion des Vaters, eine gelungene ist.
„Er ist länger als das Carlton- Hotel“ steht just über jenem Hotel geschrieben: Godzilla. Eigentlich müßten weitere Werbebanner zu finden sein: Er ist höher, schwerer, breiter als... Aber dem ist nicht so. Godzilla wohnt eben hier. Auch wenn er in sein Bettchen gar nicht reinpaßt. Dafür darf ich berichten: Wenn Godzilla größer als das Carlton ist, die Blues Brothers 2000 sind in jedem Fall lauter. Sie gaben nämlich eine kleine Party für 2.000 Leute. Mit viel guter Musik und keinem geringeren als Gaststar B.B. King. Da man zum Empfang mit einem schwarzen Hut und einer Sonnenbrille beschenkt wurde, habe ich nun eine Ray Ban Wayfarer mehr und die Partygäste machten den Eindruck einer, sagen wir mal, recht orthodoxen Gemeinde. Brigitte Werneburg
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