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Archiv-Artikel

CHRISTIAN BUSSDER WOCHENENDKRIMI Rosenkrieg mit Nebelkerzen

Ein Debattenkrimi mit hohen Dezibelzahlen ist dieser Kölner „Tatort“ geworden, denn über ein keifendes Exehepaar führt er in die Vor- und Nachteile des neuen Scheidungsrechts ein: Claudia und Jens Otten (Nina Petri und Pierre Besson) waren mal gemeinsam glücklich, seit der Trennung streiten sie um die Verteilung des bescheidenen Gehalts, das der Mann als Bauzeichner verdient.

Für ihn hat die Modifikation des Unterhaltsrechts Pluspunkte, gehen doch bei Gründung einer neuen Familie weniger Mittel an die Ex. Die Heirat mit der jungen Regina würde ihn also zu einem freieren Mann machen – läge die Neue nicht zerschellt zwischen den Müllcontainern vor ihrer Wohnung.

Schenk (Dietmar Bär) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) geraten bei ihren Ermittlungen schnell zwischen die Fronten im Rosenkrieg: Jede Verlautbarung wird zur Giftgasattacke, ständig werden Nebelkerzen geworfen. Das Tragische: Beide Ehepartner scheinen auf ihre Weise im Recht zu sein. Sie ist durch die Erziehung der beiden Kinder dem Arbeitsmarkt entfremdet und schluckt Antidepressiva. Er sieht sich ums letzte Hemd beraubt und fordert die Exfrau auf, statt Pillen zu schmeißen endlich einen Job zu suchen. Und die gemeinsamen Kinder? Die halbwüchsige Tochter hasst ihren Alten sowieso, und der kleine Sohn macht wieder ins Bett. Scheidungsopfer Mann, Eheruine Frau, Trennungsrückstand Kind: Verlierer sind alle.

Bis weit über die Schmerzgrenze wird in „Schmale Schultern“ (Regie: Christoph Schnee, Buch: Jürgen Werner, Ulrich Brandt, Stefan Wuschansky) das Unglück ausgeleuchtet, das die Auflösung einer Familie bei allen Beteiligten auslöst. Für den Kölner „Tatort“, in dem es zuletzt arg betulich zuging, stellt dieser Debattenschocker trotz einiger dramaturgischer Kreisbewegungen eine brutale Qualitätssteigerung dar: So grausam geht es zu auf den killing fields des deutschen Scheidungsrechts.

Köln-„Tatort“: „Schmale Schultern“; So., 20.15 Uhr, ARD