CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI : Schmutziger Saubermann
Ödes Thema: Politiker im Rotlichtmilieu. Zu abgenutzt ist das Bild vom Saubermann, der es im Verborgenen dreckig treibt – so wie hier ein Landespolitiker namens Högele (Stephan Schad). Politisch ist der Krawattenfetischist konservativ, sexuell steht er auf experimentelle Praktiken: „Er muss die Frauen würgen, sonst kommt er nicht“, sagt gegen Ende eine Prostituierte. Das TV-Publikum ist da bereits bestens informiert.
Dank der von der Polizei obsessiv benutzten Rückspultaste hat es mehrmals auf einem mit versteckter Kamera gefilmten Video gesehen, wie der alte Sack keuchend auf einer jungen Frau rumrutscht und ihr dabei die Luft abdrückt. Die Liebesdienerin wurde in dem Hochhaus erstochen aufgefunden, Högele ist der Hauptverdächtige.
So urban sich der Stuttgart-„Tatort“ seit seinem Relaunch 2008 gibt – erfolgreich modernisiert wurde er nicht. Auch dieser Mix aus Politikermelodram und „Peeping Tom“ bedient eher alte Ressentiments, statt neue Motive zu finden. Dabei geht „Das Mädchen Galina“ (Buch: Stefan Brüggenthies) vielversprechend los. Am Anfang kommen Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) in die Wohnung der Prostituierten und werden sogleich unter Beschuss genommen. Hilflos, desorientiert, verwundet: So geraten die Ermittler in einen unübersichtlichen Konflikt – der allerdings schnell durch die moralische Eindeutigkeit der Figuren langweilt. Der maliziöse Zuhälter, die machtbewusste Politikergattin und der ewig seine Krawatte zupfende Fast-Ministerpräsident – man hat sie einfach zu oft gesehen.
Und nichts gegen Beischlaf-Action in Fernsehkrimis, aber wie hier der junge Körper der Prostituierten immer wieder spekulativ ins Bild gerückt wird, bedient letztendlich nur jene ausbeuterischen Prinzipien, die der Film zu kritisieren vorgibt. So richtig sauber ist sie also selbst nicht, diese Abrechnung mit der schwäbischen Saubermann-Politik.
■ Stuttgart-„Tatort“: „Das Mädchen Galina“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD