■ CDU, Fusion und Kreuzzug: Dafür, dagegen zu sein
Irritation ist der erste Schritt zur Schlacht. Das hat zwar nicht der Preußengeneral Clausewitz von sich gegeben, aber es ist immerhin die Parole des CDU-Kreisvorsitzenden von Wilmersdorf, Eckehard Wruck. Wruck, in den achtziger Jahren noch ein christdemokratisches Enfant terrible auf der Linken – der CDU-Kreisverband hatte parteiintern den Spitznamen „Sowjetisch-Wilmersdorf“ –, mutierte seit der Wende zum Parteimann im Gefolge der neuen Rechten. Jetzt hat es ihn freilich völlig erwischt: „Für ein christliches Preußen“ ließ Wruck sein Parteivolk in Wilmersdorf und vor allem am Hollenzollern(!)damm plakatieren. Eine Irritation im besten Sinne. Während der CDU-Landesverband und der Tagesspiegel sich eilig bemühen, die Plakataktion als christliche Werbung für die Länderfusion umzuinterpretieren, haben die Parteisoldaten in Preußisch-Wilmersdorf längst schon erklärende Zusatzzettel auf die Plakate geklebt: „Gegen LER“ und „Nein“. Die Botschaft ist klar: keine Länderfusion, solange im Umland der preußischen Garnison die Heiden regieren.
Das hat übrigens Tradition. Unter der Regentschaft der Ottonen war um das Jahr 1000 schon einmal das slawische Ostelbien christianisiert worden. Um so schlimmer muß es um den rechten Glauben der Nachfolger der Heinrichs und Ottos – der Eckehards – also stehen, wenn der antichristliche Feldzug der Bolschewisten auch im Jahre 6 nach Jesus Kohl noch Bestand hat. Doch eins muß man Wruck lassen. Er hat darauf hingewiesen, daß es neben den ganzen überzeugenden Argumenten der Brandenburger gegen die Fusion ja auch noch ein ideologisches gibt: „Gegen ein christliches Preußen!“ Uwe Rada
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