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CDU-Abgeordneter geht in RenteCalle Bismarck macht alle froh

Der Urenkel Bismarcks kehrt dem Bundestag den Rücken. Weil er als faul gilt, freut sich zwar die selbst die eigene Partei über den Rückzug. Die hohen Rentenansprüche aber gönnt ihm keiner.

Gilt nicht gerade als Arbeitstier: Eduard Graf von Bismarck Bild: dpa

KIEL taz Die schleswig-holsteinische CDU wittert Unrat: "Es riecht nach einem Rententrick", sagte ihr stellvertretender Landesvorsitzender Rasmus Vöge der Deutschen Presse-Agentur. Der Muff trägt einen großen Namen: Wieder einmal sind die Christdemokraten im Norden pikiert über Carl Eduard Graf von Bismarck, der neben dem ererbten Namen den Medientitel "Deutschlands faulster Abgeordneter" trägt. Sein Bundestagsmandat will der Graf zur Freude der Partei niederlegen - allerdings erst Mitte Januar.

Damit würde der 46-Jährige von einer Neuregelung des Abgeordnetengesetzes profitieren, die zum Jahreswechsel eintritt. Für die 33 Monate, die von Bismarck dem Bundestag angehörte, erhielte er ab dem 66. Lebensjahr monatlich 631 Euro Rente. Ein Durchschnittsverdienender muss dafür 24 Jahre einzahlen. Ginge der Graf vor Jahresende, gäbe es eine einmalige Abfindung von 40.000 Euro, jedoch keine Altersbezüge. "Im Sinne des Steuerzahlers wäre ein Rückzug aus dem Bundestag noch vor dem Jahreswechsel geboten", sagte CDU-Landesvize Vöge.

Von Bismarck hält bisher an seinem Zeitplan fest. Laut Medienberichten will er gar nichts von der Neuregelung gewusst haben - was stimmen könnte: Im Parlament hielt sich der Graf so selten auf, dass er auch diesen Beschluss verpasst haben könnte. Eben seine vornehme Zurückhaltung bei Debatten und öden Ausschusssitzungen führte zu dem Unmut in der eigenen Partei. Vor allem Sebastian Bigdon, Kreisvorsitzender der Jungen Union in von Bismarcks Wahlkreis Herzogtum Lauenburg - Stormarn-Süd, protestierte mehrfach.

Entsprechend knapp und triumphierend lautete der Dateiname der Pressemitteilung, die die JU im Oktober verschickt: "Calle tritt zurück.doc". Der Text klang staatstragender: Sebastian Bigdon wünschte dem Grafen "alles Gute und Gesundheit für seinen weiteren Lebensweg" und lobte den "konsequenten Schritt" des Bundestagsabgeordneten, der soeben verkündet hatte, auf sein Mandat verzichten zu wollen.

Damit schien die Posse um den Ururenkel des Eisernen Kanzlers beendet. Sie begann bereits im Bundestagswahlkampf 2005, als von Bismarck sich krankmeldete, statt wie seine Parteifreunde in Fußgängerzonen Stimmen zu jagen - die taz Nord berichtete bereits damals. Von Bismarck zog dennoch in den Bundestag ein, er rückte für Peter Harry Carstensen nach, als dieser Ministerpräsident von Schleswig-Holstein wurde und seinen Parlamentsposten in Berlin räumte.

Zuvor war von Bismarck stellvertretender Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Herzogtum-Lauenburg. Der CDU gehört er seit 1995 an. In der jüngeren Vergangenheit war von Bismarck auch auf Kreisebene kaum mehr für seine Partei aktiv. Im Sommer hatte der Graf versprochen, sich mehr der Politik zu widmen - und sich dann doch für den Rücktritt entschieden. Im Hauptberuf ist der Adlige bei der familieneigenen "Fürstlich von Bismarckschen Verwaltung" tätig, 2003 gründete er einen eigenen Unternehmensverband.

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3 Kommentare

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  • MS
    Michael Schropp

    Tja, das kommt eben dabei raus, wenn der vielzitierte "mündige Bürger" bei den Wahlen die von den Parteien nach dem Prinzip "Wer bringt uns am meisten Stimmen" zusammengebastelten Listen, im Sinne der Partei akzeptieren muss und der Wähler innerhalb der Liste keine Auswahl treffen kann - dem "mündigen Bürger" bei Landtags- und Bundestagswahl ähnliche Optionen anzubieten, wie dies bei Kommunalwahlen durchaus möglich ist wäre doch eine interessante Weiterentwicklung unseres Wahlrechtes.

  • MS
    Michael Schropp

    Tja, das kommt eben dabei raus, wenn der vielzitierte "mündige Bürger" bei den Wahlen die von den Parteien nach dem Prinzip "Wer bringt uns am meisten Stimmen" zusammengebastelten Listen, im Sinne der Partei akzeptieren muss und der Wähler innerhalb der Liste keine Auswahl treffen kann - dem "mündigen Bürger" bei Landtags- und Bundestagswahl ähnliche Optionen anzubieten, wie dies bei Kommunalwahlen durchaus möglich ist wäre doch eine interessante Weiterentwicklung unseres Wahlrechtes.

  • MS
    Michael Schropp

    Tja, das kommt eben dabei raus, wenn der vielzitierte "mündige Bürger" bei den Wahlen die von den Parteien nach dem Prinzip "Wer bringt uns am meisten Stimmen" zusammengebastelten Listen, im Sinne der Partei akzeptieren muss und der Wähler innerhalb der Liste keine Auswahl treffen kann - dem "mündigen Bürger" bei Landtags- und Bundestagswahl ähnliche Optionen anzubieten, wie dies bei Kommunalwahlen durchaus möglich ist wäre doch eine interessante Weiterentwicklung unseres Wahlrechtes.