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Buschhaus: Mehr Dreck in die Luft

■ Der Buschhaus–Betreiber BKB will 35.000–Tonnen–Grenzwert nicht einhalten / BKB–Vertrauensleuteversammlung in Helmstedt / IG Bergbau wirbt für höheren Schadstoffausstoß

Aus Helmstedt Jürgen Voges

Die Braunschweigischen Kohlen– Bergwerke (BKB) wollen im laufenden Betriebsjahr aus ihren Kraftwerken Buschaus und Offleben mehr als 35.000 Tonnen Schwefeldioxid emittieren und damit die in den Buschhaus–Subventions–Verträgen festgeschriebene Emissionsobergrenze nicht einhalten. Dies hat der Arbeitsdirektor der BKB, Wolfgang Schmalenbach, am Samstag in Helmstedt gegenüber der taz bestätigt. Lege man die Rechtsauffassung des Niedersächsischen Umweltministers zugrunde, nach der der Grenzwert ab 1. Juli 1987 gelte, dann würden die 35.000 Tonnen in diesem Jahr mit Sicherheit überschritten. Nach Meinung der BKB gelte dieser Grenzwert allerdings erst ab 15.Dezember letzten Jahres, da erst von diesem Zeitpunkt ab in Buschhaus die schwefelhaltigere Salzkohle verbrannt und damit die Rauchgasentschwefelungsanlage in Betrieb genommen worden sei. Mit diesen Aussagen des Vorstandsmitglieds Schmalenbach nimmt die BKB den vor allem für Niedersachsens Ministerpräsident Albrecht peinlichen Streit um den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Rauchgasentschwefelungsanlage wieder auf. Kurz vor Weihnachten letzten Jahres hatte die BKB Umweltminister Remmers noch zugesichert, daß die 35.000–Tonnen–Obergrenze ab 1.Juli 1987 gelte. Nun will die BKB die Entschwefelungsanlage wiederum erst fünfeinhalb Monate nach Ernst Albrechts feierlicher Einweihungsfeier in Betrieb genommen haben. Auf der von der IG Bergbau und Energie am Samstag nach Helmstedt einberufenen außerordentlichen BKB–Vertrauensleuteversammlung wurde deutlich, daß der 35.000–Tonnen–Grenzwert vor allem aus wirtschaftlichen Gründen überschritten werden soll. Nach übereinstimmenden Angaben des Betreibers und des Umweltministerium haben die BKB–Kraftwerke bisher seit dem 1. Juli letzten Jahres 32.600 Tonnen SO2 emittiert. Zur Zeit werden die Kraftwerksblöcke Offleben A und B nicht mit Braunkohle, sondern mit schwefelarmen Heizöl befeuert. Buschhaus und Offleben C laufen der verminderten Kapazität der Entschwefelungsanlage entsprechend nur mit halber Leistung. Diese emissionsmindernde Befeuerung der Kraftwerke, durch die der Ausstoß auf 800 bis 900 Tonnen SO2 monatlich gesenkt werden konnte, will die BKB jedoch jetzt nicht mehr bis zum Ende des Betriebsjahres aufrechterhalten. Der Block C von Offleben, so führte der BKB–Betriebsratsvorsitzende Walter Banse vor den 500 Vertrauensleuten aus, müsse demnächst wegen des Einbaus von Entstickungsanlagen abgeschaltet werden. Von da ab wolle man in den anderen nur zu 25 Prozent entschwefelten Offlebener Kraftwerksblöcken wieder Braunkohle statt Heizöl verbrennen und deswegen die 35.000 Tonnen vor Ende Juni überschreiten. Wenn dies nicht geschehe, müsse auch die letzte von drei Kohleförderschichten ihre Arbeit einstellen, und es käme bei der BKB zu Kurzarbeit. Der SPD–Fraktionsvorsitzende Gerhard Schröder forderte vor den Vertrauensleuten die BKB auf, den ab 1. Juli geltenden Grenzwert von 35.000 Jahrestonnen strikt einzuhalten. Die Kohle könne sich gegenüber ihren Konkurrenten der Atomenergie als Energieträger nur durchsetzen, wenn sie schadstoffarm verbrannte werde, sagte Schröder. Er werde sich dafür einsetzen, daß das Land Niedersachsen zusätzliche Mittel zur Verhinderung von Kurzarbeit bei der BKB zur Verfügung stelle. Der SPD–Politiker wurde nur anfangs zweimal durch empörte Zwischenrufe unterbrochen und am Ende sogar mit mäßigem Beifall bedacht. Der BKB–Aufsichtsrat wird sich in den nächsten Tagen mit den finanziellen Folgen der defekten Entschwefelung befassen. Nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Walter Banse wird der notwendige Umbau der Rauchgasentschwefelung etwa 100 Millionen DM kosten. Etwa 40 Prozent dieses Betrages werde die BKB zusätzlich zur Verfügung stellen. Den Rest müsse der Erbauer der Entschwefelung, die Firma Davy McKee, tragen.

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