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Bundeswehr-Engagement im GolfkonfliktGeneralstabsmäßig ins Einsatzgebiet

■ Die 18 Alpha-Jets der deutschen Bundeswehr, die als Teil der mobilen Eingreiftruppe der Nato in der Türkei stationiert werden, sind auf dem Stützpunkt Erhac, rund 400 km von der irakischen Grenze entfernt, gelandet. Vor dem Abflug in Oldenburg hatten rund 200 Blockierer den Start der Bomber zu verhindern versucht.

Um 5:30 Uhr hob am Sonntag morgen der letzte der achtzehn Alpha-Jets auf dem Oldenburger Militärflugplatz ab. 160 Mann Bodenpersonal der Bundeswehr- Einheit folgten am Sonntag vormittag von Hamburg aus. Am Nachmittag waren die Kampfbomber bereits im ostanatolischen Erhac gelandet. Damit ist jetzt zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkrieges wieder deutsches Militär direkt in einem Krisengebiet im Einsatz.

So generalstabsmäßig, wie die Bundeswehr sich den Abflug ihrer Kampfflugzeuge im Zehn-Minuten- Abstand noch am Freitag ausgemalt hatte, konnte er jedoch nicht stattfinden: Gut 200 Demonstranten versperrten am frühen Sonntag morgen ab ein Uhr den Haupteingang des Oldenburger Militärflugplatzes. Piloten und Bodentruppen mußten durch mehrere Hintereingänge auf das Flugfeld geschleust werden, während am Haupttor Transparente hingen: „Verweigert den Kriegsdienst, solange ihr noch lebt“, hieß es darauf und: „Ein totes Meer ist genug“.

Gleichzeitig versuchten am anderen Ende des Flugfeldes drei junge Männer, mit großen Heliumgasballons den Start der Bomber zu stören. Sie wurden von der Polizei festgenommen, nach der Personalienfeststellung jedoch wieder freigelassen.

Die Aktionen wurden vom ständigen Lärm landender Transall-Transportmaschinen begleitet. Noch am Samstag abend hatten Anlieger des Flugplatzes versucht, die nächtlichen Flüge per einstweiliger Verfügung als ruhestörenden Lärm verbieten zu lassen. Dem Antrag wurde vom zuständigen Verwaltungsrichter jedoch „keine Aussicht auf Erfolg“ bescheinigt.

Am Sonntag vormittag zog es dann nur noch 200 Demonstranten zu einer Kundgebung in die Oldenburger Innenstadt, zu der sieben Naturschutzverbände, von BUND bis Robin Wood, aufgerufen hatten. In Vertretung des abwesenden Geschwaderkommodores Rüdiger Schad erschien der Kasernenkommandant, Oberstleutnant Heinrich Niedersee, zum Gespräch mit den Demonstranten. „Wir wollen alle keinen Krieg“, rief er ihnen zu.

Auch vier Reisebusse, vollbesetzt mit Soldaten der US-Division „Hell on Wheels“, die über fünf Jahre vor Bremens Toren stationiert waren, kamen am Samstag nachmittag mit jeweils zwanzigminütiger Verspätung am Flughafen in Hamburg an. Knapp 40 Friedensbewegten aus Bremen war es gelungen, die Busse bei ihrer Ausfahrt durchs Kasernentor zu blockieren. Zwei rabiate Busfahrer stoppten jedoch nicht vor den Antikriegstransparenten, sondern hielten direkt auf die Demonstranten zu. Im Schrittempo schoben sie dann nicht nur die Demonstranten, sondern auch die Polizeibeamten, die sich schützend vor die Busse gestellt hatten, vor sich her. Von den 4.000 US-Soldaten hatten vor dem Abtransport nur zwei GIs Anträge auf Kriegsdienstverweigerung abgegeben. Fünf weitere Soldaten hatten sich ursprünglich mit einem US-Priester auf ihre Gewissensentscheidung vorbereitet, sich aber dann doch nicht zum Abgeben der Anträge entschließen können.

Schon vor Weihnachten, am 19.Dezember, war es 200 Friedensbewegten in Bremerhaven gelungen, den Umschlag der US-Kriegsgüter im Hafen zu stören. Zwanzig Minuten lang war ein Army-Laster blockiert worden. Wehmütig hatten die Demonstranten jedoch an jenes Wochenende im Oktober 1983 zurückgedacht, als über 2.000 Kriegsgegner den Hafen an drei Zufahrten dichtgemacht hatten und 20.000 zur Kundgebung angereist waren. Einer klagte, stellvertretend für viele: „Traurig ist, daß damals Tausende hier waren, daß es aber jetzt, wo ein Krieg droht und es zur Nagelprobe kommt, nur so wenige sind.“ Dirk Asendorpf/Barbara Debus

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