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BundestagswahlWahlscheine doppelt ausgegeben

Einige Briefwähler erhielten jeweils zwei Wahlscheine. Weil nur der zweite gelten sollte, fürchteten ein paar, ihre Stimmen seien verloren. Nun hat das Wahlamt eine Lösung gefunden.

"Sie haben zwei Stimmen": Einige Berliner dachten erst, sie hätten vier Stimmen - und sollten dann keine mehr haben Bild: Landeswahlleiter

Als bekannt wurde, dass erstmals Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Bundestagswahl begleiten, schüttelten viele den Kopf. Kann man im perfekt organisierten Deutschland nicht darauf vertrauen, dass alles seinen korrekten Gang geht? Offenbar nicht: "Mein Vertrauen in den Ablauf der Wahl ist massiv beschädigt", sagt Jan Michael Ihl, der in Kreuzberg wohnt und freier Mitarbeiter der taz ist. Ein paar Tage lang musste er befürchten, dass seine beiden Mitbewohner ihr Wahlrecht verloren hatten - wegen eines Fehlers im Bezirksamt.

Alle drei hatten Briefwahl beantragt. Vor zwei Wochen kamen die Unterlagen. Sie wählten und schickten sie gleich zurück. Kurz darauf kamen noch einmal neue Briefwahlunterlagen per Post. "Das hat uns schon gewundert", sagt Ihl. "Wir haben uns gefragt, ob wir jetzt zweimal abstimmen dürfen, aber das haben wir natürlich nicht gemacht."

Ende voriger Woche kam wieder ein Brief vom Amt. Wegen technischer Probleme seien die Wahlscheine doppelt verschickt worden. "Der als Erstes ausgestellte Wahlschein wurde von uns für ungültig erklärt", heißt es dort. Doch Ihls Mitbewohner sind im Urlaub im Ausland. Jetzt ist es zu spät, die Unterlagen, die mit der zweiten Post kamen, hin- und wieder zurückzuschicken. Empört hat Ihl sich beim Wahlamt gemeldet: "Die Mitarbeiterin hat mir gesagt, dass das alles mit Recht und Gesetz passiert ist."

Erst wollten seine Mitbewohner ihm sagen, wie er für sie abstimmen soll. Doch dazu müsste er auch deren Unterschrift imitieren. Um das Stimmrecht seiner Mitbewohner zu verteidigen, müsste Ihl also zum Wahlfälscher werden. Höchststrafe: fünf Jahre Haft.

Auf Nachfrage der taz erklärt das Wahlamt, dass maximal 20 der 25.000 Briefwahlunterlagen des Bezirks betroffen seien. Und es gibt eine Lösung: Nun soll der erste Wahlschein doch noch manuell für gültig und der zweite für ungültig erklärt werden. Vorerst scheint die Bundestagswahl also gerettet. Aber vielleicht finden die Wahlbeobachter ja noch etwas. SEBASTIAN HEISER

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