Bundestags- und Landtagswahlen: Wahlbeteiligung 10 Prozent schwächer
Während bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Schleswig-Holstein die Wahlbeteiligung gut ist, ist sie bei der Bundestagswahl bislang sehr schwach. In Frankfurt gab es falsche Stimmzettel.
BERLIN ap/dpa/ap | Deutschland wählt einen neuen Bundestag. Zum Abschluss des Superwahljahrs 2009 hat am Sonntagmorgen in den bundesweit rund 80.000 Wahllokalen die Stimmabgabe für das neue Bundesparlament begonnen. Insgesamt sind rund 62 Millionen Bürger wahlberechtigt. In zwei Bundesländern finden zugleich Landtagswahlen statt. Dazu sind in Schleswig-Holstein 2,2 Millionen und in Brandenburg 2,1 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen.
Die Beteiligung an der Bundestagswahl ist bis zum frühen Nachmittag dagegen deutlich niedriger als vor vier Jahren. Bundeswahlleiter Roderich Egeler teilte am Sonntag in Berlin mit, bis 14.00 Uhr hätten 36,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Vor vier Jahren waren es um diese Zeit 41,9 Prozent gewesen, also über ein Zehntel mehr.
Bei der Bundestagswahl ist es nach einem Bericht des Hessischen Rundfunks in Frankfurt zu einer Panne gekommen. Bis zu 600 Stimmzettel aus dem nahen Hanau seien von einer Druckerei an mindestens sechs Wahlbezirke im Wahlkreis Frankfurt II verschickt wurden, meldete der Sender HR-Info unter Berufung auf das Wahlamt. Einige Mitarbeiter in Wahlbezirken hätten die falschen Stimmzettel rechtzeitig bemerkt und aussortiert.
Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch Hanauer Wahlzettel an Frankfurter Bürger ausgegeben worden seien. Sollte sich das bei der Auszählung bestätigen, gebe es eine Anweisung des Wahlamtes, wonach die Zweitstimme gezählt werden solle, die Frankfurter Erststimme für einen Hanauer Direktkandidaten dagegen nicht. Beim Frankfurter Wahlamt war zunächst keine Bestätigung für den Bericht zu erhalten.
Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein zeichnet sich dagegen eine um 20 Prozent höhere wahlbeteiligung ab. Offenbar zieht die parallele Bundestagswahl mehr Wähler an, als beim letzten Mal die alleinige Landtagswahl. Auch in Brandenburg drängen die Wähler an die Urnen, in einigen Brandenburger Wahllokalen mussten die Menschen gar wegen des Andrangs bei der Aushändigung der Unterlagen kurze Wartezeiten in Kauf nehmen.
Nach den Umfragen wird im Bund ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU/CSU und FDP auf der einen sowie SPD, Grünen und Linkspartei auf der anderen Seite erwartet. Ob es zu der von Union und Liberalen angestrebten Bildung einer schwarz-gelben Koalition im Bund kommt, gilt daher als offen. Wenn es dazu nicht reichen sollte, dürfte die Fortsetzung der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD die wahrscheinlichste Lösung sein. Ein Bündnis mit der Linkspartei lehnen SPD und Grüne im Bund strikt ab. Die FDP hat einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen eine Absage erteilt, die Grünen haben die Bildung einer Jamaika-Koalition mit Union und FDP ausgeschlossen.
Einen Tag vor der Wahl hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Frank-Walter Steinmeier noch ein letztes Mal auf Parteikundgebungen an ihre Anhänger gewandt. Merkel sprach auf der CDU-Abschlusskundgebung in Berlin, Steinmeier auf der letzten großen Wahlkampfveranstaltung der SPD in Dresden.
Der Bundestag wird für vier Jahre gewählt, die beiden Landtage bleiben fünf Jahre im Amt. Entscheidend für die Sitzverteilung ist die Zweitstimme für die Landesliste der Parteien. Es wird aber erwartet, dass es im Bundestag eine größere Zahl an Überhangmandaten in den Wahlkreisen gibt.
3.556 Kandidaten bewerben sich um ein Bundestagsmandat
Um die Stimmen für den 17. Deutschen Bundestag bewerben sich 27 Parteien mit Landeslisten. Um einen Abgeordnetensitz bewerben sich 3.556 Kandidaten. Neben den sechs im Bundestag vertretenen Parteien CDU, CSU, SPD, FDP, Linke und Grüne stehen am Sonntag auch Außenseiter wie die Piratenpartei, die Violetten oder die Tierschutzpartei zur Wahl. Vor allem auf das Anschneiden der Piraten darf man gespannt sein. Die Demoskopen trauen ihnen mehrere Prozent der Stimmen zu.
Die Wahllokale schließen bundesweit um 18.00 Uhr. Das vorläufige amtliche Endergebnis der Bundestagswahl wird nach Mitternacht erwartet, das der beiden Landtagswahlen liegt möglicherweise erst am frühen Montagmorgen vor.
Bei der letzten Bundestagswahl am 18. September 2005 waren die CDU/CSU auf 35,2 und die SPD auf 34,2 Prozent gekommen. Es folgten die FDP mit 9,8, die Linkspartei mit 8,7 und die Grünen mit 8,1 Prozent.
Von den beiden Landtagswahlen findet die in Brandenburg regulär zum Ablauf der fünfjährigen Wahlperiode statt. Dagegen handelt es sich in Schleswig-Holstein um eine vorgezogene Neuwahl nach dem Ende der großen Koalition in Kiel.
Bei der Wahl vor vier Jahren im nördlichsten Bundesland war die CDU unter dem jetzigen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen mit 40,2 Prozent stärkste Kraft geworden. Es folgten die SPD mit 38,7, die FDP mit 6,6 und die Grünen mit 6,2 Prozent. Auch der als Partei der dänischen Minderheit von der Fünf-Prozent-Hürde befreite Südschleswigsche Wählerverband SSW zog mit 3,6 Prozent in den Kieler Landtag ein.
In Brandenburg waren die Sozialdemokraten unter Ministerpräsident Matthias Platzeck vor fünf Jahren mit 31,9 Prozent stärkste Kraft geworden. Es folgten die Linkspartei/PDS mit 28,0, die CDU mit 19,4 und die rechtsextremistische DVU mit 6,1 Prozent.
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